Autor: Mercedes Lauenstein
Verlag: Aufbau Verlag
Genre: Roman
Seitenzahl: 191
ISBN: 978-3351036140
Cover und Inhaltsangabe © Aufbau Verlag
Nacht für Nacht streift eine junge Frau durch die Stadt. Sie sucht nach etwas, doch sie weiß nicht, wonach. Vielleicht, denkt sie, kann sie es hinter den letzten erleuchteten Fenstern finden. Sie klingelt an den Türen. Und begegnet Menschen im Moment ihrer höchsten Einsamkeit - Menschen, die nachts erst richtig zu leben beginnen, wenn draußen alles still und dunkel ist. „Die Nacht“, sagt er, „mag ich deshalb, weil man in ihr viel klarer sieht als am Tag. Was ja der Tatsache, dass es tagsüber hell ist, eigentlich widerspricht.“ Ich schweige. Wir gucken zum Fenster hinaus und sehen uns selbst. In der Spiegelung treffen sich unsere Blicke. Dann sagt er: „Und jetzt möchte ich, wenn du erlaubst, gerne ins Bett gehen."
Manche Bücher schlägt man auf und man hat überhaupt keine Ahnung, was einen erwartet. So empfand ich, als ich „Nachts“ von Mercedes Lauenstein in Händen hielt. Ich habe die ersten Seiten gelesen und war direkt in dem Buch gefangen, das eine leise, philosophische Geschichte über Menschen erzählt, die in der Einsamkeit der Nacht gefangen sind. Mercedes Lauenstein hat einen wunderschönen Schreibstil voller Metaphern. Weisheiten und mit sehr viel Gefühl zwischen den Zeilen. „Nachts“ hat mich mit auf eine Reise genommen und hat mir nicht nur die Einsamkeit gezeigt, sondern auch andere Emotionen, die in der Dunkelheit lauern und die sonst nicht ausgesprochen werden.
In „Nachts“ gibt es zwar eine Protagonistin, doch diese nimmt nicht den Hauptteil der Geschichte ein. Es geht um Personen, die von der jungen Frau in der Nacht besucht werden und die alle ihr Leben leben und besagte Frau für ein paar Minuten oder Stunden an diesem teilhaben lassen. Jedes Kapitel ist dabei aus der Sicht eines dieser Menschen und genau das macht das Buch so interessant und spannend, denn es sind so viele Schicksale, so viele kleine Geschichte, die erzählt werden möchten und die sich zusammenfügen um gegen die Einsamkeit des Einzelnen anzukämpfen.
Wie zuvor erwähnt, lernen wir die Protagonistin nicht kennen, was im ersten Moment seltsam klingt, aber perfekt zu der Geschichte passt. Hin und wieder gibt sie ein paar Details von sich preis, wenige Informationen, die aber reichen, um ein Bild von der umherziehenden Frau zu bekommen. Was treibt sie durch die Nacht? Ist sie so einsam wie die Menschen, die sie trifft? Oder existiert die Einsamkeit für den Moment nicht, wenn man sein Leid teilen kann?
Schon nach den ersten Seiten wusste ich, dass „Nachts“ von Mercedes Lauenstein ein besonderes Buch ist. Die Art der Autorin mit Worten umzugehen ist einzigartig, gleichzeitig voller Melancholie und doch voller Leben und Ehrlichkeit. „Nachts“ erzählt die Geschichten verschiedener Menschen, die nachts wach sind und dies aus ganz unterschiedlichen Gründen. Es geht um Liebe, das Vergessen, den Umgang mit dem Tod, das Vermissen und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Verschiedene Themen werden in kurzen, sehr gefühlvollen Kapiteln erzählt, die alle im Grunde damit beginnen, dass unsere Protagonistin durch die Nacht streift und bei Leuten klingelt, bei denen noch Licht brennt. Für mich klang das anfangs ein wenig befremdlich, denn wer öffnet mitten in der Nacht einer wildfremden Person? Beim Lesen wurde mir dann aber klar, dass dies aus den unterschiedlichsten Gründen passieren kann.
Das Buch hat mich von Anfang an in den Bann gezogen. Obwohl die Kapitel recht kurz sind, steckt doch in jedem Kapitel so viel Leben. Ich hatte das Gefühl, dass die einzelnen Personen für den Moment wirklich existieren und mir leise ihre Geschichte erzählen. Ich konnte mit den Menschen lachen, mit ihnen weinen und mit ihnen nachdenken. „Nacht“ hat mich zutiefst berührt und mir gezeigt, wie verschieden Menschen mit ihrer Einsamkeit umgehen. Die einen wollen sie verstecken, es vielleicht nicht zugeben, während die anderen voller Tatendrang ihre Geschichte erzählen um endlich gehört zu werden.
Mercedes Lauenstein hat in ihrem Buch die verschiedenste Charaktere erschaffen. Von alt bis jung ist alles dabei und ich fand sie alle interessant. Es sind Menschen aus den verschiedensten Berufen und an den unterschiedlichsten Punkten ihres Leben. Das macht das gesamte Buch so spannend. Ich muss gestehen, dass ich jetzt keinen Charakter sagen könnte, der mich am meisten berührt hat, denn im Grunde hatte jede Geschichte ihre starken Momente. Eine Gänsehaut hatte ich beispielsweise bei Chiara, die ihre Oma verloren hat und bei Annalena, die jede Nacht eine Art Ritual durchführt. Es gab aber auch lustige Momente, Momente, die zwar voller Trauer steckten, aber dennoch ein Lächeln auf meine Lippen zaubern konnten.
Ich habe in dem Buch viele schöne Weisheiten entdecken dürfen und musste viele Abschnitte noch einmal lesen, da sie genau das ausdrücken, was viele Leute denken, aber kaum jemand ausspricht.. Das Buch bekommt auf jeden Fall einen Ehrenplatz in meinem Regal und ich weiß schon jetzt, dass ich es sicher öfter zur Hand nehmen werde, um mich ein weiteres Mal darin zu verlieren! Und wer weiß, vielleicht streife ich auch eines Tages durch die Nacht und höre mir die Geschichten der Menschen an...
Ein Buch, das beim Lesen zum Leben erwacht und leise von der Melancholie des Lebens erzählt! Für mich ist „Nachts“ ein besonderes Buch, ein kleiner Schatz in dieser schnelllebigen Welt!
Ich vergebe 5 von 5 Käseratten mit Extrakäse!
Hallo Jessi,
AntwortenLöscheneine sehr schöne Rezension, aber die Geschichte klingt irgendwie so traurig. Ich werde das Buch auf jeden Fall beobachten, weil es sich nach einer sehr besonderen Geschichte anhört. Irgendwie mysteriös, wenn man die Protagonistin nicht kennenlernt ...
Liebe Grüße,
Nicole
Gut, hab es notiert, da wir den gleichen Geschmack haben, ist es soeben auf meiner Wunschliste gelandet.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Dein Lenchen