Autor: Hubert Wiest
Genre: Dystopie, Jugendbuch
Verlag: CreateSpace
Bereits gelesene Bücher des Autoren: Schattensurfer (5 von 5)
"Nur die Kuppel schützt Jaikong vor dem unerträglichen Smog. Draußen ist jeder Atemzug eine Qual. Wer sich nicht anpasst, wird in die Industrieringe verbannt. Die 17-jährige Kalana wollte doch nur Schauspielerin werden, aber sie wird in die Industrieringe geschickt – für immer von Quinn getrennt. Quinn war ihr bester Freund und eigentlich ein bisschen mehr, aber sagen konnte sie es ihm nie.
Jetzt steht Kalana auf der anderen Seite der Kuppel. Sie kämpft gegen die Ungerechtigkeit des Systems. Und Quinn gehört zu ihren Gegnern."
Bei Lovelybooks durfte ich zusammen mit anderen Lesesüchtigen vor nicht allzu langer Zeit das Buch "Schattensurfer" von Hubert Wiest entdecken. Dieses spannende Jugendbuch hatte mich so sehr begeistert, dass mich der Autor nicht lange bitten musste, mein Glück bei der Leserunde zu seinem neusten Buch zu versuchen.
"Rußatem" ähnelt "Schattensurfer" in vielerlei Hinsicht! In erster Linie ist das Buch wieder einmal eine spannende Abenteuergeschichte für jüngere Leser, allerdings beginnt alles hier ein wenig melancholischer. Die Menschen in Jaikong leben unter einer Kuppel und nur dort gibt es gute Luft, während außerhalb, in den sogenannten Industrieringen, nur die "Verstoßenen" leben und arbeiten müssen - in Dreck und mit der Aussicht auf ein sehr kurzes Leben.
Diese Gesellschaftskritische Seite nimmt allerdings nicht viel Platz ein, denn in erster Linie lässt Hubert Wiest seine beiden Protagonisten hier wild durch diese "Welt" springen und so einige Hürden meistern.
Hubert Wiests Schreibstil hat mir wieder einmal gefallen, allerdings muss ich auch sagen, dass mir vieles einfach zu schnell ging und ich beim Lesen an einigen Stellen überfordert war. Vor allem das Ende läuft so flott ab, dass für mich vieles nicht aufgelöst wurde. Ich denke, hier hätte eventuelle eine Teilung in zwei oder sogar drei Teilen der Geschichte gut getan, denn leider wirkt sie oftmals sehr oberflächlich.
- Kalana -
Von den beiden Protagonisten fand ich Kalana am interessantesten. Sie hat eigentlich vor, Schauspielerin zu werden, doch da sie einen zu schlechten Notendurchschnitt hat, kommt sie erst einmal in den dritten Industriering und sieht dort, wie das Leben außerhalb von Jaikong abläuft. Die Luft ist schmutzig, sie kann kaum atmen und ihre Lebenserwartung sinkt um viele Jahre.
Hubert Wiest legt nicht viel Wert auf Charakterentwicklung, weswegen wir seine Protagonisten nicht so recht kennenlernen. Bei beinahe jedem anderen Buch hätte ich dies wohl kritisieren müssen, aber hier passt es doch zur Geschichte. Er lässt seine Charaktere einfach agieren, setzt sie Gefahren aus und löst alles auf. Das hat mir gut gefallen.
Ich muss hier aber noch anmerken, dass ich mir besonders bei Kalana mehr Entwicklungen gewünscht hätte, teilweise wirkt sie doch recht egoistisch und für meinen Geschmack hätte sie sich ein wenig mehr Gedanken über die Welt machen und Selbstständigkeit zeigen können.
- Quinn -
Quinn ist wohl ein typischer Junge in der Pubertät, der sich nur für Fußball, äh, Vincoon interessiert. Vincoon ist praktisch die Volkssportart der Zukunft und er ist ein begnadeter Spieler, der natürlich hoch hinaus will. Zu Beginn kommt er zu den Aeronauten, denn dort heißt es, gute Aussichten auf einen Platz in der Mannschaft zu haben. Seine Leidenschaft nimmt einen großen Teil des Buches ein, einen sehr großen Teil.
Ich muss gestehen, dass ich ein echter Sportmuffel bin. Ich besitze keinen Fernseher und selbst wenn ich einen hätte, würde ich wohl nie auf die Idee kommen, irgendwelchen Leuten beim Sport machen zuzuschauen. (In der Zeit mache ich lieber selbst Sport! :P) Ich denke aber, dass von Vincoon besonders junge männliche Leser begeistert sein werden.
Quinn war an und für sich ein interessanter Charakter, allerdings liebt er lange Zeit tatsächlich nur das Vincoon-Spiel und manchmal konnte ich seine Gedanken nicht nachvollziehen. An einigen Stellen wirkt er arg egoistisch und bei manchen seiner Taten konnte ich ihn nicht so recht verstehen. Aber wie zuvor erwähnt, um Charakterentwicklung geht es in dem Buch auch gar nicht!
"Rußatem" hat mich auf den ersten Seite an eine meiner liebsten Dystopien erinnert. "Breathe - Gefangen unter Glas" von Sarah Crossan hat mich damals begeistert, besonders da die Kritik doch aktuell ist. Wir Menschen zerstören die Natur, wir zerstören alles und denken nicht an die Konsequenzen. Dass wir auch die Luft unnötig verschmutzen ist klar, aber doch gibt es keine Einsicht und so ist das Szenario in "Rußatem" gar nicht so abwegig.
Jaikong existiert nur unter einer Kuppel, unter der es ausreichend Sauerstoff gibt. Die Luft wird gefiltert und die Menschen dort haben ein sorgenfreies Leben. Doch nicht alle Menschen dürfen dort Leben. Für gut 30 Millionen Einwohner gibt es dort keine Luft und so wurde beschlossen, dass die Leistung darüber entscheidet, ob jemand in Jaikong bleiben darf oder auf einen der Industrieringe geschickt wird. Mit jedem Industriering nimmt die Lebenserwartung durch die verschmutzte Luft ab, am schlimmsten ist es auf dem letzten, den fünften.
Kalana träumt davon, eine berühmte Schauspielerin zu werden. Sie ist sich sicher, dass sie Jaikong nicht verlassen muss - doch dann geschieht genau das. Sie wird dem dritten Industriering zugeteilt und sie muss hart arbeiten, um wenigstens in dieser Zeit gut gefilterte Luft zu bekommen. Dieses Szenario fand ich erschreckend und es hat mich wieder einmal an unser Leben erinnert. Wie ich so gerne sage: wir leben schon längst in einer Dystopie, wir arbeiten viel und hart, um zu überleben. Geld ist wie Sauerstoff, ein wichtiger Faktor, um zu überleben.
Während Kalana im dritten Industriering hockt, lebt Quinn seinen Traum, ein berühmter Vincoon-Spieler zu werden. Wer hier jetzt eine Liebesgeschichte erwartet, wird wohl ein wenig enttäuscht werden, denn darum geht es in dem Buch nur ganz am Rande. Vielmehr steht das Abenteuer, das beide erleben, im Vordergrund und dabei werden viele Orte dieser Welt der Zukunft entdeckt.
Fehlende Spannung kann man Hubert Wiest auf jeden Fall nicht vorwerfen. Das Buch hat solch ein rasantes Tempo, dass ich an vielen Stellen kaum noch mitkam. Dadurch, dass es so viele potenzielle Gefahren durchläuft, wirkt es streckenweise aber sehr einfach, denn unsere beiden Protagonisten werden als Superhelden dargestellt und jedes Problem löst sich von selbst. Dabei bleibt an einigen Stellen die Logik auf der Strecke und auch ein gewisser roter Faden ist kaum zu sehen, was aber durch die permanente Abwechslung fast wieder ausgeglichen wird.
Das Ende von "Rußatem" konnte mich allerdings gar nicht überzeugen. Alles lief zu schnell ab und wirkte sehr verkrampft, als wäre eine gewisse Seitenzahl erreicht und die Geschichte müsste jetzt doch noch in Richtung "Happy End" gedrängt werden. Schade ist hier, dass die Melancholie des Anfanges nicht ausgebaut werden konnte und dass doch einige Dinge unbeantwortet blieben. Ich denke, dass sich der Autor hier etwas mehr Zeit hätte lassen können, um alles rund abzuschließen - oder von vorneherein die Geschichte aufteilen sollen.
"Rußatem" von Hubert Wiest ist eine dystopische Geschichte über eine Welt, in der ein gnadenloser
Kampf um Sauerstoff und Gerechtigkeit beginnt. Ich habe das Buch wirklich gerne gelesen, es ist spannend und weißt viele Wendungen auf, doch als Gesamtwerk betrachtet, fehlte es mir doch an einigen Stellen an Logik und Tiefe. Jüngere Leser dürfte das Buch allerdings begeistern und daher spreche ich trotz meiner Kritik gerne eine Empfehlung aus! (Ich hätte hier wohl 3,5 gegeben, da das aber nicht geht, entscheide ich mich für 4!)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Mit Nutzung der Kommentarfunktion akzeptierst du die Datenschutzerklärung
dieses Blogs.