Mittwoch, 30. Mai 2018

[Rezension] Wohin der Weg uns führt - Catherine Ryan Hyde

Titel: Wohin der Weg uns führt
Autor:  Catherine Ryan Hyde
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 23. Mai 2017
Anzahl der Seiten: 332
Cover und Inhaltsangabe © Tinte & Feder




"Sebastian und Maria sind verzweifelt. Sebastian hält die angespannte Situation mit seinem kontrollsüchtigen Vater kaum noch aus und Maria, die viel zu früh Mutter geworden ist, fürchtet sich davor, ihrem gewalttätigen Freund zu erzählen, dass sie arbeitslos ist. Beide fühlen sich erst dann wirklich frei, wenn es ihnen gelingt, ihrem trostlosen Alltag für kurze, verstohlene Stunden zu entkommen. Als sie sich eines Nachts in der U-Bahn begegnen, ist es um sie geschehen. Doch in New York, wo ihre Alpträume an jeder Ecke lauern, hat ihre Liebe keine Chance. In der Hoffnung auf einen Neuanfang machen sich Maria und Sebastian auf den Weg nach Kalifornien. Doch werden sie dort ihr Glück finden?"




Mein erstes Buch von Catherine Ryan Hyde hat mich hier tatsächlich überrascht. Ich bin in der Erwartung, einen Liebesroman zu lesen, an die Geschichte herangegangen, doch "Wohin der Weg uns führt" ist eher ein Roman über das Leben, über Entscheidungen, die man treffen muss und über den eigenen Weg, den es zu finden gilt. Es geht um Hoffnung, um den Mut, eine neue Richtung einzuschlagen und sich von der Angst nicht einsperren zu lassen ...

Obwohl Sebastian mit seinen 17 Jahren und auch Maria mit ihren 23 Jahren doch recht junge Menschen sind, wirkt die Geschichte von Anfang an sehr reif und erwachsen. Der Schreibstil kam mir etwas altmodisch vor, was hier aber auf keinen Fall negativ gemeint sein soll. Ganz im Gegenteil. Die Autorin hat hier eine gute Mischung aus Romantik und Realität geschaffen. Ein Buch für Träumer, aber auch für Realisten mit einer guten Botschaft am Ende ...




- Sebastian -

Sebastian hatte eigentlich nie ein echtes Leben. Sein Vater hat ihn von allem ferngehalten und so hatte Sebastian niemals Freunde, niemals irgendwelche Kontakte zu anderen Leuten und ist so in einer gewissen erzwungenen Einsamkeit gefangen.

Nur Nachts, wenn sein Vater schläft, schleicht er sich raus und fährt mit der U-Bahn durch die Gegend. Dabei lernt er dann Maria kennen und verliebt sich auf den ersten Blick, ohne zu wissen, was seine Gefühle überhaupt bedeutet, ja, ob sie überhaupt real sind.

Mir tat Sebastian sehr leid, denn logischerweise hatte er niemals eine echte Familie, niemals Freunde, niemals eine richtige Pubertät. Sein Leben beginnt eigentlich erst jetzt im Alter von 17 Jahren ...

- Maria -

Maria hat eigentlich schon ein Leben, das allerdings alles andere als perfekt ist. Sie ist erst 23 Jahre und hat bereits zwei Kinder und einen Freund, der leider sehr gewalttätig ist. Maria redet sich ein, dass alles in Ordnung ist, ja, dass ihr Leben vollkommen normal verläuft und sie eh keine andere Wahl hat.

Auf mich wirkte Maria so, als hätte sie sich schon lange verloren. Sie wacht eigentlich erst auf, als sie ihren Job verliert und sich nicht traut, es Carl, ihrem Freund zu gestehen. Stattdessen tut sie Nacht für Nacht so, als würde sie weiterhin zur Arbeit gehen - in Wahrheit setzt sie sich aber in die U-Bahn und fährt durch die Nacht.

Obwohl Maria durch ihre Kinder eigentlich schon gelernt haben sollte, Verantwortung zu übernehmen, wirkt sie doch sehr unreif, sehr geleitet, weil sie nie eigene Entscheidungen treffen musste. Mir tat sie furchtbar leid, doch ihre Naivität, die leider dann auch ihre Kinder betrifft, hat mich an einigen Stellen allerdings schon wütend gemacht.




"Wohin der Weg uns führt" von Catherine Ryan Hyde ist kein lockerleichter Liebesroman, auch wenn sich eine gewisse Romantik durch das Buch zieht. Wir haben hier zwei Verlorene, die sich, obwohl sie sich nur einmal kurz in der U-Bahn sehen, aneinanderklammern und in dem jeweils anderen eine Art Hoffnung sehen. Um selbst nicht zu ertrinken, legen sie das eigene Leben praktisch in die Hand des anderen, doch kann das wirklich gut gehen?

Maria und Sebastian sind zwei recht unterschiedliche Charaktere. Sie ist eine junge Mutter, die nicht von ihrem gewalttätigen Freund loskommt und er ein Jugendlicher, der noch nicht einmal die eigene Pubertät durchlaufen hat. Beide sind fürchterlich zerbrochen, können sich aber aus ihrem eigenem Leben gar nicht so recht befreien.

Das Buch ist zu Beginn recht düster, beide Leben sind furchtbar und der Leser leidet mit den beiden Protagonisten, die ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählen, mit. Der einzige Lichtblick ist die "Liebe" zwischen den beiden, an die sie beide klammern, obwohl sie kaum etwas voneinander wissen.

Der Leser muss hier schon einen Hang zur Romantik haben, denn die Geschichte wirkt an einigen Stellen doch schon furchtbar überstürzt. Allerdings werden sich gerade beim Ende Realisten doch wieder bestätigt fühlen, denn natürlich kann es hier gar kein Happy End geben!

Es kommt hier wie es kommen muss. Die beiden fliehen irgendwann, wollen neu beginnen, doch schaffen sie es wirklich, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen? Es beginnt eine recht aufregende Zeit, in der beide erst einmal ihren Weg finden müssen. Die Frage ist hier nur, ob es ein gemeinsamer Weg wird ...

Mich hat das Buch gut unterhalten. die Mischung aus Romantik und Realität hat mir gut gefallen, allerdings hat die Geschichte bei mir auch eine gewisse Melancholie hinterlassen. Das lag vielleicht auch daran, dass alles recht überstürzt kam und der Leser nicht einschätzen kann, ob diese Liebe der beiden nun echt war oder nicht. Wie dem aber sei, "Wohin der Weg uns führt" ist dennoch ein tiefgründiger Roman über das Leben und das Erwachsenwerden.




"Wohin der Weg uns führt" ist eher ein Roman über das Leben, als über die Liebe. Teilweise ist die Geschichte sehr romantisch, ja förmlich kitschig, doch dann wird der Leser auch wieder von der eiskalten Realität eingeholt. Es ist ein Roman, der Hoffnung spendet, aber auch ein wenig melancholisch zurücklässt ...

Montag, 28. Mai 2018

[Rezension] Die Mittsommerlüge - Katrine Nørregaard

Titel: Die Mittsommerlüge
Autor:  Katrine Nørregaard
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 14. Mai 2018
Anzahl der Seiten: 368
Cover und Inhaltsangabe © Diana Verlag

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar!



"Zwanzig Jahre war Kristian spurlos verschwunden. Seine Tochter Louise verzeiht ihm nie, dass er die Familie ohne Erklärung verlassen hat. Und auch ihre Mutter versteht Louise nicht. Wieso hat sie ihr Schicksal klaglos ertragen? Doch als Kristians stirbt, können Mutter und Tochter nicht mehr schweigen. Denn er hinterlässt ihnen nicht nur viele Fragen, sondern auch ein idyllisches Sommerhaus am Limfjord – von dem niemand etwas wusste. Zusammen mit Louises Tochter Ida verbringen die Frauen eine Woche in dem Haus. Was hat Kristian dort so viele Jahre getan? Welches Geheimnis hütete er?"



Mit "Die Mittsommerlüge" hat die dänische Autorin Katrine Nørregaard einen Roman geschaffen, der unter die Haut geht. Ihr Schreibstil hat mich hierbei von der ersten Seite in den Bann gezogen, er ist leicht melancholisch, aber auch ungemein tiefgründig.

Die Geschichte wir aus der Sicht von drei Generationen erzählt. So haben wir hier die Großmutter, die damit leben musste, dass ihr Mann zwanzig Jahre verschwunden war, dann natürlich die Tochter, die früh vom Vater verlassen wurde und die Enkelin, die letztendlich nur wenig Zeit mit ihrem Großvater hatte.

Das Buch geht hier wirklich unter die Haut, denn unsere drei Charaktere müssen hier lernen, wieder zueinander zu finden. Dabei haben sie alle eigene Probleme und zeitgleich beginnt für die drei Frauen dann auch eine Suche nach dem eigenen Weg ...




- Karen -

Karen hat ihrem Mann Kristian vergeben, dass er zwanzig Jahre verschwunden war. Sie hat nie herausgefunden, wo er denn nun war und vor allem, was er in der Zeit gemacht hat. Bis zum Schluss bleibt sie bei ihm, doch nach seinen Tod scheint sie endlich bereit, die Wahrheit herauszufinden. Wohin ist Kristian verschwunden? Und was hat er ihr verschwiegen?

Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass auch Karen Fehler begangen hat. Sie muss sich also auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

- Louise -

Louise ist Karens Tochter. Sie hat den Verlust des Vaters nie verkraftet und als Kristian zurückkehrte, hat sie vollständig den Kontakt zu ihrer Familie verloren. Sie versteht nicht, wie ihre Mutter ihrem Vater verzeihen konnte, will die ganze Wahrheit dahinter aber auch gar nicht wissen.

Auch Louise hat ihre eigene Probleme, sei es ihr Mann, der keinerlei Verantwortung übernimmt oder ihre plötzliche ungewollte Schwangerschaft. Auch ihre Tochter Ida bereitet ihr so einige Sorgen ...

- Ida -

Ida empfand ich hier als interessantesten Charakter. Sie ist die Tochter von Louise und anders als andere Jugendliche. Sie ist sehr nachdenklich, in sich gekehrt und ja, fast schon depressiv. Sie ist zu Beginn der Geschichte das einzige Bindeglied zwischen Karen und Louise.

Ida selbst muss hier auch ihren Weg finden, gute, als auch schlechte Erfahrungen machen. Und auch sie wird von der Wahrheit hinter dem Verschwinden ihres Großvaters betroffen sein. Ich empfand es als äußerst interessant, wie gekonnt die Autorin hier alle Schicksale miteinander verknüpft!




Das Buch beginnt mit dem Tod von Kristian. Die Familie, die schon längst zerbrochen ist, findet hier wieder zueinander, doch es gibt noch keinen Zusammenhalt, keine gemeinsame Trauerbewältigung. Über dem Tod des Vaters, Großvaters und Ehemanns steht nämlich eine einzige Frage: Warum war er ganze zwanzig Jahre lang verschwunden?

Gemeinsam reist die zerbrochene Familie in ein Sommerhaus, alle wissen allerdings nicht so recht, was sie dort sollen. Sie wollen nicht so recht zueinander finden, Louise und Ida sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und Karen weiß nicht, ob sie die Wahrheit wirklich herausfinden will.

Ich war von Anfang an von dem Schreibstil der jungen dänischen Autorin begeistert. Er ging unter die Haut, hat mich berührt und in den Bann gezogen. Aus den Sichten der drei Frauen wird nach und nach das Geheimnis aufgedeckt und es gibt zudem einige Rückblenden, die noch einmal verdeutlichen, wie belastend der Verlust des Ehemanns und Vaters für Karen, als auch ihre Tochter Louise war.

Die Geschichte weiß zu fesseln, auch wenn sie sehr ruhig erzählt wird. Nach und nach findet die Familie heraus, was Kristian in den Sommerhaus wirklich gemacht hat und warum er ganze zwanzig Jahre verschwunden war ... Hier muss ich allerdings sagen, dass die Geschichte über Kristians Vergangenheit selbst kaum Überraschungen aufweist. Es ist eigentlich genau das, was der Leser schon früh ahnt.

Die fehlende Überraschung in der letztendlichen Auflösung hat das Buch für mich etwas abgeschwächt. Ich habe beim Lesen natürlich wieder mitgefiebert und auch mitgerätselt, aber ab einen gewissen Punkt ist einfach klar, worauf das alles jetzt hinausläuft. Das war etwas enttäuschend, da ich schon früh wusste, wie das nun alles zusammenpasst. Dennoch konnte ich das Buch aber genießen. Die Charaktere entwickeln sich, sind tiefgründig beschrieben und alles andere als perfekt. Das macht sie menschlich und die Geschichte, trotz der fehlenden Wende, doch einzigartig!




"Die Mittsommerlüge" ist ein Debüt, das mich von der ersten Seite in den Bann gezogen hat. Die Geschichte, die sich über drei Generationen erstreckt, ist sehr melancholisch, der Schreibstil der
Autorin einzigartig und sehr tiefgründig. Nur die fehlende Überraschung hat den Gesamteindruck etwas getrübt, denn es ist schnell klar, was nun hinter Kristians Verschwinden steckt ...


Samstag, 26. Mai 2018

[Rezension] Ich beobachte dich - Chevy Stevens

Titel: Ich beobachte dich
Autor:  Chevy Stevens
Genre: Roman, Thriller
Erscheinungsdatum: 25. April 2018
Anzahl der Seiten: 480
Cover und Inhaltsangabe © FISCHER Scherz



"Tief und kalt ist der Ozean an der kanadischen Westküste, weit und rau das Land. Hier lebt Lindsey mit ihrer 17-jährigen Tochter Sophie. Vor elf Jahren ist sie in letzter Minute ihrem gewalttätigen Ehemann Andrew entkommen. Er musste ins Gefängnis. Lindsey hat alle Spuren verwischt und für sich und Sophie ein neues Leben aufgebaut. Doch nun kommt Andrew frei."




Chevys Stevens Schreibstil würde ich in erster Linie als sehr ruhig und tiefgründig bezeichnen. Das ist auch der Grund, warum ich hin und wieder sehr gerne zu ihren Büchern greife. Sie strahlen eine gewisse Ruhe aus, sind dennoch intensiv und spannend.

So empfand ich auch wieder diesen Roman, der sich um eine Mutter und ihre Tochter dreht. Aus beiden Sichten erfahren wir hier das Geschehen. Auf der einen Seite steht Lindsey, die vor vielen Jahren ihrem gewalttätigen Mann verlassen hat. Sophie ist hier der Gegenpol, sie weiß nichts von alledem, was ihrer Mutter damals zugestoßen ist, denn sie war zu der Zeit noch ein Kind. Nun steckt sie in mitten in der Pubertät und trifft wieder auf ihren Vater ....




- Lindsey -

Lindseys Geschichte erfahren wir aus zwei Zeitebenen. In der Vergangenheit sind wir dabei, wie sich ihr Mann Andrew nach und nach in ein Monster verwandelt. Er ist dem Alkohol verfallen und kontrolliert Lindsey auf Schritt und Tritt. Gewalt, besonders auf psychischer Ebene, steht hier an der Tagesordnung und es ist wirklich schwer ertragen, was Lindsey hier durchleben muss.

Lindsey ist allerdings eine starke Frau. Als Leser begleiten wir ihre Fluchtversuche und erleben sie dann elf Jahre später. Mit ihrer Tochter lebt sie sehr zurückgezogen, aber glücklich. Bis dann Andrew plötzlich aus dem Gefängnis freikommt ...

- Sophie -

Sophie ist ein typischer Teenager in der Pubertät. Sie hat einen Freund, der dem Leser recht sonderbar vorkommt und der sie anscheinend abgöttisch liebt. Auch das Thema "das erste Mal" ist bei ihr gerade aktuell und so wirken ihre Abschnitte sehr frisch und jugendlich.

Auch wenn Sophie gerade im Bezug auf ihren Vater recht naiv wirkt, so entwickelt sie sich doch im Laufe des Romans und wird tatsächlich erwachsen! Die Mutter-Tochter-Beziehung hat mir hier sehr gut gefallen!




"Ich beobachte dich" ist mittlerweile mein viertes Buch der Autorin. Ich liebe ihre ruhige Art, Geschichten aufzubauen und für eine angenehme, stetige Spannung zu sorgen. Ihre Charaktere sind stets gut ausgearbeitet, so auch hier.

Mit Lindsey hatte ich sofort mitfühlen können. Ihre Geschichte ist schrecklich, denn ihr Mann Andrew hat sie damals fürchterlich unter Druck gesetzt, sie abhängig gemacht und sie zerstört. Zum Glück konnte sie sich aus eigener Kraft befreien, doch der Albtraum ist noch längst nicht vorbei!

Andrew wird aus dem Gefängnis entlassen und Lindsey hat Angst, dass ihr Leben, das sie sich mühevoll aufgebaut hat, nun wieder zerstört wird. Sophie nimmt Kontakt zu ihrem Vater auf, doch plötzlich passieren merkwürdige Dinge, die ganz schön an den Nerven unserer Protagonisten zerren.

Das Buch besitzt eine stetige Spannung, baut sich nach und nach auf, indem der Leser Lindseys Vorgeschichte erfährt. Besonders der Tag ihrer großen Flucht ist sehr dramatisch und endet leider anders als gedacht. Hier hat Chevy Stevens wirklich wieder eine tolle Geschichte geschaffen, die doch vollkommen anders ist, als der Leser vermutet.

Natürlich deutet alles daraufhin, dass es Andrew auf seine Familie abgesehen hat. Doch ist das wirklich die Wahrheit? Von vielen Charakteren geht hier eine gewisse Gefahr aus und die Autorin schließt den Kreis erst am Ende.

Die letztendliche Auflösung fand ich überraschend, auch wenn es im Grunde nicht viele Möglichkeiten mehr ab. (Dafür gab es einfach zu wenig Charaktere!) Dennoch empfand ich die Geschichte als sehr stimmig und tragisch! Das Buch hat mich auf jeden Fall wieder begeistert und ich freue mich schon jetzt auf das nächste Werk der Autorin!




"Ich beobachte dich" ist ein ruhiger und tiefgründiger Roman über eine Mutter, die mit ihrer Tochter ein neues Leben aufbauen will, am Ende aber von ihrer Vergangenheit überrollt wird! Es ist kein richtiger Page-Turner, aber eine stetige Spannung ist vorhanden!

Donnerstag, 24. Mai 2018

[Buch vs. Verfilmung] Zeugin der Anklage - Agatha Christie


In der vergangenen Woche habe ich durch "Meisterhafte Morde" von Agatha Christie ja einige echte Klassiker von der Queen of Crime kennenlernen dürfen. Ein echtes Highlight war in diesem Kurzgeschichtenband auf jeden Fall die allererste Kurzgeschichte namens "Zeugin der Anklage".
Cover © Fischer

In der Geschichte geht es den Mord an Emily French. Leonard Vole wird von der Polizei verhaftet, da er am Abend des Mordes bei der alten Dame zu Besuch war. Panisch taucht er bei zwei Juristen auf und beteuert seine Unschuld.

Im Anschluss kommt seine Frau zu den Anwälten und denkt darüber nach, ob sie ihm ein Alibi geben soll oder nicht. Sie wirkt ausgesprochen seltsam, als wäre sie nicht sicher, was genau sie tun soll.

Dann beginnt auch schon die Gerichtsverhandlung und alles scheint sich recht geradlinig in eine Richtung zu entwickeln, alles wirkt recht einfach, doch der Leser wird hier tatsächlich bitterböse in die Irre geführt!

Mich hat die Geschichte vollkommen sprachlos zurückgelassen, denn mit dieser Wendung habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Für mich ist "Zeugin der Anklage" ein echtes Meisterwerk von Christie!




Direkt nach dem Lesen des Buches habe ich meinen Mann überredet, mit mir zusammen den schwarz-weiß-Film von 1957 anzusehen. Ich war erst skeptisch, denn der Film geht 113 Minuten und spielt sich größtenteils im Gericht ab. Dabei ist er aber sehr atmosphärisch, sehr spannend und bis zum Schluss undurchschaubar!

Ich fand es toll, dass der Film die Kurzgeschichte nicht unnötig in die Länge zieht, sondern mit Witz und Humor für eine tolle Abwechslung sorgt. So steht hier der Strafverteidiger Sir Wilfrid Robarts im Fokus, der nach einem Herzinfarkt gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen ist. it sehr viel Humor wird hier erzählt, wie er sich in diesem Fall in die Irre führen lässt!

Marlene Dietrich spielt hier ihre Rolle als Frau von Leonard Vole meisterhaft. Ich muss zugeben, dass ich sie zuvor noch nicht kannte, da es wohl einfach nicht meine Zeit war, aber ich empfand sie hier als überaus talentierte Schauspielerin, die dazu beigetragen hat, dass der Zuschauer hinters Licht geführt wurde!

Für mich ein echtes Meisterwerk, das der Geschichte in nichts nachsteht! Würden nur die heutigen Filmemacher noch mit solcher Leidenschaft an Buchverfilmungen herangehen ...


Dienstag, 22. Mai 2018

[Rezension] Finale - Steen Langstrup

Titel: Finale
Autor:  Steen Langstrup
Genre: Thriller, Horror
Erscheinungsdatum: 14. Mai 2018
Anzahl der Seiten: 240
Cover und Inhaltsangabe © Heyne Verlag

Ich bedanke mich herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar!



"Dänemark. Dunkle Nacht, verlassene Straßen. Fast jeder sieht das Fußball-WM-Finale. Auch an einer neonerleuchteten Autobahntankstelle ist nicht viel los. Die zwei attraktiven Frauen Agnes und Belinda, die dort arbeiten, schlagen die Zeit tot. Plötzlich streicht Scheinwerferlichter durch die Dunkelheit. Zwei Männer betreten die Tankstelle. Sie sind freundlich und zuvorkommend. Aber auch irgendwie seltsam. Beängstigend seltsam. Und sie fangen mit den zwei Frauen ein Spiel an, wie es grausamer nicht sein könnte. Es beginnt eine Nacht des Entsetzens ... gnadenlos ... bis zum bitteren Finale!"




"Finale" von Steen Langstrup ist mir bereits in der Verlagsvorschau aufgefallen. Da ich stets auf der Suche nach guten, neuen Horrorbüchern bin, musste ich diesen mir unbekannten Autoren, der mit diesem Buch anscheinend viel Erfolg in seiner Heimat Dänemark gehabt hat, einfach ausprobieren.

Ich weiß an dieser Stelle nicht, ob es an der Übersetzung liegt, aber der Schreibstil ist hier furchtbar einfach, teilweise hölzern und unausgereift. Das Buch besaß für mich leider keine Atmosphäre, wirkte zu Beginn furchtbar in die Länge gezogen und zum Schluss dann leider total überstürzt. Ich konnte die Geschichte leider nicht genießen, da sie für mich weder Spannung, noch irgendwelche Überraschungen bot.




- Belinda und Agnes -

Wie in einem klassischen Splatter-Horrorfilm bleiben die Charaktere hier sehr blass. Wir haben zwei recht austauschbare junge Frauen, die, während des WM-Finales, leider die Nachtschicht in einer Tankstelle übernehmen müssen. Wir erfahren ein wenig zu ihren Persönlichkeiten, doch ansonsten bleiben sie einfach nur Figuren, für die der Leser keinerlei Mitgefühl empfinden kann. Das bedeutet leider auch, dass es kein Grund zum Mitfiebern gibt.

Agnes ist die Vernünftigere der beiden, Belinda eher das typische naive Mädel mit einem Freund, der alles andere als ein netter Kerl ist. So richtig ausstehen können sich die beiden leider auch nicht ...




"Finale" von Steen Langstrup war seit langem mal wieder ein Buch, das mich furchtbar enttäuscht und sogar etwas wütend gemacht hat. Die Handlung selbst muss ich an dieser Stelle eher als Kurzgeschichte bezeichnen, von den 240 Seiten bieten nur 194 Seiten Platz für das Geschehen, zwischendrin sind so viele leere oder halbgefüllte Seiten, dass sich das Buch sehr schnell lesen lässt und kaum Spannung bietet.

Leider passiert zu Beginn erst mal nicht viel. Wir sind mit Belinda und Agnes bei ihrer Nachtschicht in der einsamen Tankstelle. Klingt ja erst einmal gruselig, aber leider schafft es der Autor nicht, hier eine spannende Atmosphäre aufzubauen, was wohl schlicht und ergreifend an der Kürze liegt. Die Kapitel sind sehr kurz und es passiert wenig. Für mich las es sich leider wie eine recht oberflächliche und leider auch recht lieblose Geschichte.

Bis die Männer in der Tankstelle auftauchen, vergeht dann auch erst einmal ein wenig Zeit. Zeit, in der nicht sonderlich viel Aufregendes passiert. Zwischendrin gibt es dann noch ein paar Minikapitel, die schon mal andeuten, was die beiden jungen Frauen später erwartet ... Hier sollte die Geschichte wohl mit Brutalität punkten, aber auch hier fehlte mir sprachlich eine gewisse Originalität und Spannung.

Irgendwann verwandelt sich das Buch dann in einen Splatter, wie ihn Horrorfans schon dutzende, nein, hunderte Male gesehen haben. Abwechslung ist hier höchstens in der Wahl der "Mordwaffen" gegeben, obwohl ... Nein, auch das haben Horrorfans schon unzählige Male sehen dürfen. Ansonsten ist das Geschehen dann klischeebeladen und voraussehbar, das Ende ist dann fix abgearbeitet und die Überraschung ist eigentlich keine Überraschung.

Mich hat "Finale" von Steen Langstrup sehr enttäuscht und vor allem auch wütend gemacht. Nach 194 Seiten ist die Geschichte vorbei und es wird noch eine Leseprobe angehangen, um das Buch zu füllen ... Das hat mich echt sprachlos gemacht, denn so ein liebloses Ende habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich kann kaum glauben, dass dieses Buch in Dänemark als "Best Horror Novel of the Year" ausgezeichnet und wohl noch in diesem Jahr verfilmt werden soll. Die Geschichte bietet nichts Neues, wofür sollte man sich hier also die Filmrechte sichern? Für einen 0815-Splatter, den jeder Horrorfan so oder so ähnlich schon einmal gesehen hat?




"Finale" von Steen Langstrup hat mich enttäuscht und wütend zurückgelassen. Das Buch ist durch die Leseprobe am Ende und viele leere oder nur halbgefüllte Seiten furchtbar in die Länge gezogen und hat eigentlich nur das Volumen einer Kurzgeschichte. Der Inhalt konnte mich auch nicht überzeugen, ein Splatter, wie ich ihn schon hunderte Male gesehen haben ...

Sonntag, 20. Mai 2018

[Rezension] Meisterhafte Morde - Agatha Christie

Titel: Meisterhafte Morde: Kurzkrimis der Queen of Crime
Autor:  Agatha Christie
Genre: Krimi, Kurzgeschichten
Erscheinungsdatum: 2004
Anzahl der Seiten: 384
Cover und Inhaltsangabe © Fischer




"Diese meisterhaften Erzählungen bieten nicht nur Spitzenklasse an Spannung sondern auch unverwechselbare Atmosphäre und unvergessliche Charaktere. Ob beim spektakulären Mordprozess oder in der beschaulichen Welt einer kleinen Pension, stets lauert das Heimtückische und Ungewisse hinter dem Offensichtlichen und Harmlosen. Ohne dass einer der berühmten Meisterdetektive bemüht wird, variiert Agatha Christie das Thema Verbrechen und Täuschung in allen schillernden Farben."




Wie ihr bestimmt schon gemerkt habt, bin ich in diesem Monat total im Krimi-Fieber, was vielleicht auch daran liegt, dass ich meine Leidenschaft für alte, ganz klassische Krimis wiedergefunden habe. Agatha Christie mochte ich schon in meiner Jugend sehr gerne und mit "Meisterhafte Morde" hat sie mich wieder tiefer in das Krimi-Genre gezogen und gleichzeitig noch eine ganz andere Seite von sich präsentiert!

In "Meisterhafte Morde" sind 13 Kurzgeschichten enthalten, die abwechslungsreicher nicht sein können. Neben echten Klassikern wie "Zeugin der Anklage" und "Die Mausefalle" gibt es auch einige paranormal angehauchte Geschichten, die mich überrascht haben.

Agatha Christie schafft es, auf nur wenigen Seiten eine enorme Spannung zu erzeugen. Eine Spannung, die mich hier beim Lesen fast um den Verstand gebracht hat. Jede Geschichte ist intensiv, thematisch sehr interessant und weiß zu überraschen. Ich liebe ihren Schreibstil, ihre Art, die Charaktere so lebendig und doch undurchschaubar wirken zu lassen!




Ich stelle euch an dieser Stelle kurz alle 13 Geschichten vor!

"Zeugin der Anklage"

Zwei Anwälte bekommen Besuch von Leonard Vole, der vollkommen verzweifelt wirkt. Er wird des Mordes an Emily French bezichtigt, denn er war leider am Abend des Mordes bei ihr. Obwohl er behauptet, mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben, wird er verhaftet.

Im Anschluss kommt seine Frau zu den Anwälten und denkt darüber nach, ob sie ihm ein Alibi geben soll oder nicht. Dann beginnt auch schon die Gerichtsverhandlung und alles scheint sich recht geradlinig in eine Richtung zu entwickeln, alles wirkt recht einfach, doch der Leser wird hier tatsächlich bitterböse in die Irre geführt!

Ein Meisterwerk! Mehr kann ich an dieser Stelle gar nicht sagen, denn das Ende ist an Genialität tatsächlich nicht mehr zu übertreffen! Empfehlenswert ist im übrigen auch die Verfilmung mit Marlene Dietrich, die ich euch in den kommenden Tagen kurz vorstellen werde!


"Haus Nachtigal"


Hier haben wir fast schon einen Thriller. Es geht nämlich um Alix Martin, die eigentlich ein perfektes Leben führt, doch immer wieder einen Albtraum hat: Dick, ihre erste große Liebe, tötet ihren Mann. Was steckt dahinter? Und vom wem geht hier tatsächlich die Gefahr aus?

Eine echte Gänsehaut-Geschichte, wieder mit einem bitterbösen Ende! Ich liebe solche Auflösungen!


"Schwanen-Gesang"


In dieser Geschichte tauchen wir in die Welt der Oper ein. Es ist eine traurige Story über Rache und über eine allerletzte Aufführung voller Leidenschaft! "Schwanen-Gesang" ist kein echter Krimi, aber dafür eine sehr bittere Geschichte!


"Der Unfall"

Evans, ein ehemaliger Kriminalinspektor, ermittelt hier eigenständig in einem Fall, der sein Interesse geweckt hat. Es geht dabei um Mrs. Merrowdene, die beschuldigt wurde, ihren ersten Mann mit Arsen vergiftet zu haben. Sie wurde allerdings frei gesprochen und hat nun neu geheiratet ... Ist ihr neuer Mann ebenfalls in Gefahr?

Ein sehr böses Ende und wieder einmal eine bitterböse Geschichte! Die Arsen-Thematik fand ich hier sehr interessant!


"Ein gute Freund"

In diesem Fall ermittelt ein ehemaliger Strafverteidiger, nachdem er von einer Frau, in die er sich vor 9 Jahren verliebt hatte, um Hilfe gebeten wurde. Es geht um einen Mord, der jemand aus der Familie der Frau begangen haben soll.

Ein einfacher Krimi mit einer soliden Auflösung!


"Der Hund des Todes"


Jetzt wird es auch schon paranormal. "Der Hund des Todes" ist kein Krimi, sondern eine Geschichte über eine übernatürlich Kraft. Es geht um eine Ordensschwester, die angeblich ein Kloster, das von deutschen übernommen werden sollte, in die Luft gesprengt hat - mit Kraft ihrer Gedanken.

Jahre später ist sie dann das Forschungsobjekt eines skrupellosen Arztes! Ob das gut gehen kann?
Eine Geschichte, die ich so nicht erwartet hätte, denn es gibt hier natürlich keine echte Auflösung, nur eine ganz geheimnisvolle Kraft, die nicht einmal einen Namen hat!


"Der Traum vom Glück"


Hier haben wir eine sehr abenteuerliche Geschichte über einen Mann, der die besten 24-Stunden seines Lebens erlebt und dann scheinbar neugeboren zu seiner Verlobten zurückkehrt.

Manchmal muss man sich seine Träume eben erfüllen! Eine sehr spritzige, erfrischende und witzige Geschichte!


"Die letzte Sitzung"

Ich liebe ja Geschichten, in denen ein Medium eine große Rolle spielt. Hier geht es um Madame Simone, die es leid ist, mit Verstorbenen Kontakt aufzunehmen. Ihr Freund Raoul verspricht ihr, dass sie nur noch eine Sitzung geben muss - mit eine Frau, die ihr Kind verloren hat ...

Eine tolle paranormale Geschichte, die allerdings sehr böse endet!


"Die Zigeunerin"


Und es geht auch gleich übernatürlich weiter! Hier geht es um MacFarlane, dessen Freund Dickie Carpenter fürchterliche Angst vor einer Zigeunerin hat. Er hat, seit einem Vorfall in seiner Kindheit, immer wieder Albträume und ist entsetzt, als er Alistair Haworth kennenlernt, die ihm immer wieder sonderbare Hinweise gibt ...

Dies ist eine Geschichte über das Schicksal, die auf jeden Fall zum Nachdenken anregt!


"Die Uhr war Zeuge"


Hier geht es wieder mit einen klassischen Krimi weiter, in dem mir besonders der Charakter des Mr. Harley Quinn gefallen hat. Er ist kein herkömmlicher Detektiv, der sich für die Gerechtigkeit einsetzt, sondern jemand, der für die Liebenden kämpft! Das muss er auch in diesem Mordfall, in dem eine umgefallene Uhr anscheinend die Tatzeit angibt. Aber ist es wirklich so einfach!

Harley Quinn ist ein interessanter Charakter, von dem ich in Zukunft auf jeden Fall noch mehr lesen werde!

"Der vierte Mann"

Ebenfalls kein herkömmlicher Krimi. Hier treffen sich drei Männer in einem Zug, ein Arzt, ein Strafverteidiger und ein Geistlicher. Sie unterhalten sich über den Fall Felicie, die anscheinend mehrere Persönlichkeiten hatte und sich schließlich selbst erwürgt haben soll.

Ein vierter Mann, der ebenfalls im Abteil sitzt, klärt die Herren dann auf und erzählt die "wahre" Geschichte dahinter. Echt spannend und sehr böse!

"Etwas ist faul"

In Agatha Christies Geschichten ist ja oft etwas faul, so auch. Es geht um Mrs. St. Vncent, die sehr ärmlich lebt und kaum weiß, wie sie ihre zwei Kinder über die Runden bringen soll. In der Zeitung sieht sie dann eine interessante Anzeige, dass ein Haus mit "kostendeckender" Miete angeboten wird. Was steckt hinter dem Spottpreis?

Eine echt witzige Geschichte mit einer Auflösung, die mich zum Schmunzeln brachte!

"Die Mausefalle"

Zum Ende gibt es noch einmal einen gruseligen Klassiker, der viele Jahrzehnte in London als Theaterstück aufgeführt wurde und damit das Stück, das am längsten ununterbrochen aufgeführt wurde.

Ich kann es verstehen, denn diese Geschichte ist ein überaus spannender Krimi! Es geht um Molly und Giles, die völlig überstürzt ein Haus kaufen und dort eine Pension eröffnen wollen. Die ersten Gäste treffen ein, doch draußen herrscht ein erbarmungsloser Schneesturm, der alle Gäste bald von der Außenwelt abschneidet.

Kurze Zeit zuvor hat sich ein Mord ereignet und alles deutet darauf hin, dass der Mörder jetzt in der Pension ist und dort seine letzten beiden Opfer sucht. "Die Mausefalle" ist dabei ein wirklich atmosphärischer Kurzkrimi, der zum Miträtseln einlädt und absolut stimmig ist! Vom Motiv bis Wahl des Täters stimmt alles und ich bin etwas stolz, dass sich hier meine Vermutung tatsächlich bestätigt hat. Ein toller Krimi!




In diesem meisterhaften Kurzgeschichtenband sind nicht nur die Klassiker "Zeugin der Anklage" und "Die Mausefalle" echte Highlights. Es geht in einigen Geschichten sehr übernatürlich und abenteuerlich zu, es gibt viele witzige Momente und jede Menge überraschende Wendungen! Eine klare Empfehlung!

Freitag, 18. Mai 2018

[Rezension] Wie Monde so silbern (Die Luna-Chroniken, Band 1) - Marissa Meyer

Titel: Wie Monde so silbern (Die Luna-Chroniken Band 1)
Autor: Marissa Meyer
Genre: Jugendbuch, Sci-Fi
Erscheinungsdatum: 20. Dezember 2013
Anzahl der Seiten: 384
Cover und Inhaltsangabe © Carlsen



"Cinder lebt bei ihrer Stiefmutter und ihren zwei Stiefschwestern, arbeitet als Mechanikerin und versucht gegen alle Widerstände, sich nicht unterkriegen zu lassen. Als eines Tages in unauffälliger Kleidung niemand anderes als Prinz Kai an ihrem Marktstand auftaucht, wirft das unzählige Fragen auf: Warum braucht Kai ihre Hilfe? Und was hat es mit dem plötzlichen Besuch der Königin von Luna auf sich, die den Prinzen unbedingt heiraten will? Die Ereignisse überschlagen sich, bis sie während des großen Balls, auf den Cinder sich einschmuggelt, ihren Höhepunkt finden. Und diesmal wird Cinder mehr verlieren als nur ihren Schuh …"




Viel habe ich von den Luna-Chroniken bereits gehört. Es ist ja mal wieder eine Reihe, die echt gehypt wurde und die mich von Anfang an aufgrund der Märchenthematik angesprochen hat. Ich liebe ja Märchen und war hier besonders auf die Mischung mit dem Science Fiction-Genre gespannt.

Ich muss gestehen, dass ich hier eine ganz andere Geschichte erwartet hatte. Ich hatte gedacht, dass dieses Buch ein leichtes Buch für zwischendurch ist, dass es um Liebe und Gefühle geht, doch weit gefehlt. Die Geschichte handelt um Manipulation, Intrigen, um Macht, um Technik und um Politik. Die Mischung war hier leider nicht meins.

Der Schreibstil war ganz angenehm, aber die großen Emotionen haben mir hier leider gefehlt und so habe ich mich mehr oder weniger durch die Welt der Cyborgs und Androiden gequält. Einzig Cinder, eine sehr sympathische und angenehm ruhige Protagonistin, hat mich irgendwie durchhalten lassen ...




- Cinder -

Cinder ist ein Cyborg, also halb Mensch und halb Maschine. Sie ist sehr zurückhaltend, nett und freundlich und symbolisiert hier wohl, wie in einem Märchen, das Gute. Sie hat daher kaum Ecken und Kanten, bleibt immer lieb und nett und lässt sich zu Beginn etwas durch die Geschichte leiten.

Ich mochte Cinder, vielleicht auch weil sie nicht besonders anstrengend war und ich die Ruhe mochte, die sie ausstrahlte. Sie war es auch, die mich am Ball blieben ließ, denn ich mochte ihre eigene Geschichte über ihre Herkunft sehr gerne. Es wird natürlich auch thematisiert, dass Cyborgs in dieser Welt nicht besonders angesehen sind und für Experimente benutzt werden!

- Prinz Kai -

Prinz Kai blieb mir eine Spur zu blass. Ich hätte sehr gerne mehr über ihn erfahren, aber es ist halt hier wie im Märchen. Er ist einfach nur der Prinz, ganz nett und freundlich, aber ohne richtige Persönlichkeit. Das hat mich ein wenig gestört, denn so konnte ich nichts, rein gar nichts, zwischen ihm und Cinder spüren ...




Schon nach den ersten Seiten wusste ich, dass "Wie Monde so silbern" so ganz anders zu werden scheint, als ich es erwartet hatte. Hier lernen wir erst einmal Cinder kennen, die als Mechanikerin arbeitet und selbst ein Cyborg ist. Sie trifft auch gleich auf den Prinzen, der ihr eine Androidin zur Reparatur bringt. Schnell wird klar, dass Cinder nicht möchte, dass sie Leute sie als Cyborg sehen, viel lieber wäre sie ein vollwertiger Mensch ...

Die Grundidee fand ich hier überaus originell und ich dachte echt, es ist mal wieder ein Buch, das mich komplett vom Hocker reißt und mich sogar in ein neues Genre einführt. Leider überwogen irgendwann dann doch die Sci-Fi-Anteile und ich musste mich etwas durchquälen.

"Wie Monde so silbern" orientiert sich nur am Grundgerüst des Märchens "Aschenputtel". Auf der einen Seite fand ich das sehr passend, auf der anderen Seite hat mir ein wenig das märchenhafte gefehlt. Positiv empfand ich die Tatsache, dass mit vielen Handlungen des Originalmärchens gebrochen wurde. So ist beispielsweise eine der Stiefschwestern ein wirklich liebenswerter Charakter.

Andererseits habe ich mir hier wohl eine intensivere Liebesgeschichte gewünscht. Zwischen Cinder und dem Prinzen sollte es wohl knistern, aber bei mir kam nichts an.

Leider ist die Geschichte rund um die Herkunft unserer Cinder dann doch sehr vorhersehbar. Ich wusste schnell, was denn nun ihr großes Geheimnis war und deswegen konnte mich die Geschichte irgendwann nicht mehr so richtig fesseln. Ich musste mich teilweise sogar etwas zwingen, weiterzulesen, da besonders im Mittelteil wenig Handlung vorhanden ist. Streckenweise geht es nur um Cinder, die ihre Vergangenheit entschlüsseln muss und um die politische Situation zwischen dem Mond und der Erde.

Das Ende fand ich dann allerdings ganz spannend, auch wenn es recht offen gehalten ist. Es animiert mich allerdings leider nicht, die restliche Reihe zu lesen, dafür ist mein Interesse an dem Sci-Fi-Genre dann wohl doch nicht ausreichend geweckt worden ...




"Wie Monde so silbern" geht über eine simple Märchenadaption hinaus und besitzt eine überaus originelle Grundidee. Allerdings wollte mich die Geschichte dann nicht so recht fesseln, was

vielleicht daran lag, dass ich mit Sci-Fi nicht viel anfangen kann und mich die politischen Situationen zwischen den Planten nicht direkt interessiert hat. Schade, denn die Idee ist wirklich toll ...

Mittwoch, 16. Mai 2018

[Rezension] Lockwood & Co. - Der Wispernde Schädel - Jonathan Stroud

Titel: Lockwood & Co. - Der Wispernde Schädel (Band 2)
Autor: Jonathan Stroud
Genre: Jugendbuch, Fantasy
Erscheinungsdatum: 27. Oktober 2014
Anzahl der Seiten: 512
Cover und Inhaltsangabe © cbj



"Dank des spektakulären Erfolgs im Fall der seufzenden Wendeltreppe ist Lockwood & Co. nun eine der angesagtesten Geisteragenturen Londons. Doch inzwischen wird die Metropole bereits von einer Reihe neuer grausiger Ereignisse erschüttert: In einer beispiellosen Diebstahlserie werden mächtige magische Artefakte entwendet und deren Hüter grausam ermordet. Als dann auch noch auf einem Friedhof ein schauerlich eiserner Sarg geborgen wird, dessen Inhalt unter mysteriösen Umständen verschwindet, steht fest: Ein klarer Fall für Lockwood & Co.! Nur wenn das Team um Anthony Lockwood, Lucy und George ihre ganze Genialität im Umgang mit übernatürlichen Ereignissen in die Wagschale wirft, kann es ihnen gelingen, die Verschwörung, die hinter all dem steckt, aufzudecken."




Direkt nach dem ersten Teil habe ich meine Nase auch schon in den zweiten Teil gesteckt, einfach weil ich die Chaostruppe rund um "Lockwood & Co." direkt in mein Herz geschlossen habe und sofort wissen wollte, welche Abenteuer sie noch bestreiten werden!

Spannend geht es auch in diesem Teil weiter. Ich mag den Sarkasmus der drei Ermittler, der zwar in diesem Teil etwas abgeschwächt scheint, aber dennoch vorhanden ist. Ich konnte einige Male lachen und es war toll, Lucy, Anthony und George noch näher kennenlernen zu dürfen!




- Lucy -

Ich mag Lucy, aus deren Sicht das Geschehen auch in diesem Teil erzählt wird, sehr gerne. Sie bewahrt stets einen kühnen Kopf, passt aber dennoch durch ihre Schusseligkeit perfekt ins Team. Ich mochte es sehr, dass die drei Agenten hier noch enger zusammengewachsen sind, ja, das nach den Abenteuern aus dem ersten Teil sie sogar schon zu echten Freunden wurden.

- Anthony -

Nach wie vor etwas distanziert und geheimnisvoll wirkt Anthony, bei dem sich immer noch die Frage nach seiner Vergangenheit stellt. (In diesem Band gibt es erst am Ende eine Andeutung, beziehungsweise einen echt gemeinen Cliffhanger!)

Ich empfand Anthony nach wie vor als charmant und ungemein schlagfertig. Gerne hätte ich aber über ihn endlich mehr erfahren. Hinter seinem "professionellen" auftreten steckt auf jeden Fall mehr!

- George -

George mochte ich nach wie vor. Er ist so angenehm schusselig und verpeilt, versteht manchmal nicht, was um ihn herum vorgeht, hat aber dennoch sein Herz am rechten Fleck. Besonders das Ende hier war mal wieder typisch George und hat mich echt zum Lachen gebracht!





Spannend geht es auch im zweiten Teil weiter. Der Einstieg ist dabei wieder mehr als gelungen, denn wir dürfen wieder bei einem Fall dabei sein, der mal wieder nicht ganz so wie geplant endet. Auch der Konkurrenzkampf zu dem Team rund um Quill Kipps steht hier jetzt im Fokus des ganzen, denn Lockwood geht hier eine Wette ein, die er natürlich unbedingt gewinnen will.

Abwechslungsreich geht es auch in dem zweiten Teil weiter. Nicht nur der verschwundene Knochenspiegel, ein sehr mächtiges Artefakt, steht im Zentrum des ganzen Geschehens, sondern auch der Schädel, der ja am Ende des ersten Bandes mit Lucy gesprochen hat. Ich muss sagen, dass ich den Schädel fast spannender als die eigentliche Haupthandlung fand, denn diese erstreckt sich über viele Seiten doch fast nur auf Ermittlungsarbeit.

Während der erste Teil noch leicht gruselig war und mich besonders durch das Finale im Herrenhaus überzeugen konnte, geht es hier ruhiger zu. Stellenweise rückt die Geisterthematik etwas in den Hintergrund und die Geschichte ließt sich eher wie ein Krimi. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt an dieser Stelle, denn ich muss sagen, dass mir die Ermittlungsarbeit nicht ganz so fesselnd vorkam.

Ansonsten konnte mich das Team aber wieder überzeugen. Die Geschichte von Bickerstaff und dem Knochenspiegel fand ich originell, die Gespräche mit dem "wispernden Schädel" und der Konkurrenzkampf zum anderen Team haben für die nötige Abwechslung gesorgt. Auch die Charakterentwicklungen fand ich faszinierend und so kann ich nur sagen, dass ich Lucy, Anthony und auch George längst in mein Herz geschlossen habe!

Das Ende fand ich ebenfalls passend, nur hat mir hier eine gewisse unheimliche Atmosphäre gefehlt. Insgesamt war es in diesem Teil mehr Krimi als Geistergeschichte, von daher muss ich sagen, dass  ich diesen Teil etwas schwächer als den ersten fand. Dennoch komme ich aber nicht drumherum, jetzt auch gleich den nächsten Band zu lesen ...




Das charmante und witzige Chaosteam "Lockwood & Co." stellt sich hier einem sehr kniffligen Fall rund um ein verschwundenes und sehr mächtiges Artefakt. Mich konnte die Geschichte wieder einmal begeistern, auch wenn die Krimihandlung hier im Vordergrund stand und ich mir ein paar mehr Gruselmomente gewünscht hätte!