Freitag, 25. November 2016

[Rezension] Stimmen in der Nacht - Laura Brodie

Titel: Stimmen in der Nacht
Autor: Laura Brodie
Genre: Roman, Psychothriller
Verlag: dtv
Bereits gelesene Bücher der Autorin: keins
Cover und Inhaltsangabe ©  dtv




"Eine harmlose Studentenparty in einer kleinen amerikanischen Universitätsstadt endet mit einem Ausbruch von Gewalt im Haus der Dozentin Emma. Ihre kleine Tochter Maggie hat alles mit angesehen. Zehn Jahre später kommen die Erlebnisse von damals wieder hoch: Maggie, inzwischen fünfzehn, wird von alten Albträumen gequält, hat Probleme in der Schule, schwänzt den Unterricht. Sie selbst weiß nur, dass ihr ihre neue Mathelehrerin, die ihr nie ins Gesicht sieht, unheimlich ist. Warum löst Grace, die Lehrerin, die altbekannten Ängste in Maggie aus, die längst überwunden schienen? Und was ist vor zehn Jahren wirklich geschehen?"




"Stimmen der Nacht" von Laura Brodie ist eins dieser Bücher, das vom Cover und vom Klappentext her sehr unscheinbar wirkt, doch sobald man die erste Seite aufschlägt, wird man vollständig in die Geschichte eingezogen. Es ist ein stilles Werk, doch die Autorin beiweist ein gutes Auge für verschiedene Blickwinkel und lässt den Leser in die eine oder andere Falle tappen ...

Laura Brodie schreibt intensiv und so unglaublich nah an ihren Charakteren, dass ich mich frage, warum ich zuvor noch nichts von ihr gehört habe. Leider ist "Stimmen der Nacht" auch das einzige von ihr erschienene Buch, was mich direkt ein wenig traurig macht, denn nach dem Lesen wollte ich unbedingt mehr von ihr lesen.

Was ihren Schreibstil so außergewöhnlich macht? Die geschickt gesetzten Cliffhanger und die Fähigkeit, so zu schreiben, dass der Leser zwar ein klares Bild vor Augen hat, aber die Situation selbst einschätzen muss. So beginnt dieses Buch nämlich mit einer schrecklichen Tat, die erst nach und nach durchschaut wird ... Manchmal liegt die Wahrheit nämlich dazwischen und muss erst einmal gesucht werden, statt sich auf das erste oberflächliche Begutachten zu beschränken.




- Maggie -

Das Buch wird aus insgesamt drei verschiedenen Sichten erzählt. An dieser Stelle werde ich hier aber nur auf zwei eingehen, da die dritte ein kleines Geheimnis offenbaren würde! Maggie ist die Tochter einer Professorin und in der schrecklichen Nacht vor neun Jahren war sie gerade einmal fünf Jahre alt und hat alles mit den Augen eines Kindes beobachtet und die Situation nach eigenem Ermessen beurteilt.

Wir treffen Maggie wieder, als sie auf die Highschool kommt und mit einer neuen Mathematiklehrerin konfrontiert wird. Maggie hat Alpträume und kann das, was damals passiert ist, nicht vergessen. Es scheint, dass die Lehrerin alte Erinnerungen aufruft, aber warum?

Maggies kindliche Sicht auf das damalige Geschehen sind ein guter Einstieg in das Buch. Insgesamt konnte ich mit Maggie mitfühlen, auch wenn die Autorin ihre Leser im ersten Drittel erst einmal komplett aufs Glatteis führt ...

- Grace -

Grace ist die neue Mathematiklehrerin von Maggie und es wird schnell klar, dass sie etwas in Maggie auslöst. Doch was?

Grace ist eine Frau, die man als Leser erst einmal recht schnell beurteilt. Hier zeigt sich aber, dass sich ein weiterer Blick lohnt, denn meistens gibt es mehrere Seiten einer Geschichte, mehrere Dinge, die in eine Tat mit hineinspielen und viele Hintergründe, die oftmals zusammenspielen. Zu Grace kann ich hier nicht mehr sagen, denn ich will niemanden die Spannung wegnehmen!




Wie ihr sicher bereits gemerkt habt, werde ich auf die Tat, die im Klappentext als "Studentenparty" bezeichnet wird, nicht näher eingehen. Auch wenn das Buch mit dieser schrecklichen Nacht startet, möchte ich, dass jeder Leser sie selbst erleben darf, um sich selbst ein erstes Urteil zu bilden.

Genial fand ich an dieser Geschichte, dass der Leser auf den ersten Seiten zwar die Nacht aus Sicht der Professorin miterlebt, aber nicht direkt weiß, wie diese zu ende geht. Natürlich habe ich mir meinen Teil gedacht, als Maggie als Charakter eingeführt wurde, doch nach gut 150 Seiten wendet sich das Blatt und das Geschehen der damaligen Nacht bekommt eine völlig neue Sichtweise.

Um diesen "Wechsel" der Sichtweisen handelt das Buch. Meistens lassen wir Menschen uns ja leicht manipulieren. Person A erzählt etwas und dies ist plötzlich Tatsache, auch wenn Person B vielleicht einiges entkräften kann oder eine völlig andere Sicht auf die Dinge hat. Laura Brodie zeigt in diesem Buch, dass sich die Menschen durch eine einseitige Berichterstattung oft in die Irre führen lassen und nur selten nach den Hintergründen fragen. Um diese Hintergründe geht es aber in diesem Buch.

Es gibt eine Tat, ein Mord, der von beinahe allen Leuten, die beteiligt waren, beleuchtet wird, um die Wahrheit herauszukristallisieren. Die Autorin zeigt ihren Leser, dass es nicht nur schwarz und weiß, sondern viele verschiedene Schattierungen gibt und das ist das besondere an diesem Buch.

"Stimmen in der Nacht" ist insgesamt sehr ruhig gehalten, doch es besitzt einen ungemeinen Sog. Als Leser möchte man unbedingt herausfinden, was in besagter Nacht passiert ist und selbst entscheiden, wie die Schuld unter all den Anwesenden aufgeteilt wird. Es ist ein Buch zum Mitdenken und selber urteilen und ein Buch, das in die Tiefe geht und die Beweggründe aller Charaktere erläutert!




"Stimmen der Nacht" ist ein Roman, der zeigt, wie falsch oberflächliches urteilen ist und wie wichtig es ist, sich über das Gesamtgeschehen zu informieren, um alles zu verstehen. Für mich ein echtes Highlight in diesem Jahr!!!


Ich vergebe 5 von 5 mit Extrakäse.

1 Kommentar:

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