Samstag, 18. August 2018

Gratis-Aktion von "Ymberra - Momente der Hoffnung"

Hi ihr Bücherverrückten,

ich habe heute ein kleines Geschenk für euch, da sich Pearl und Jesper mal wieder über Besuch auf der Regeninsel Ymberra freuen würden. Meine Dystopie, die für Jugendliche, aber auch Erwachsene geeignet ist, gibt es an diesem Wochenende kostenlos auf Amazon. Wer keinen Kindle besitzt, kann mich auch gerne wegen eines anderen Formats anschreiben! :D

Ich hoffe, einige von euch haben Lust am Momentum der beiden teilzunehmen und ihre kleine Liebesgeschichte, die nicht allzu kitschig gehalten ist, zu entdecken. Es geht in diesem Buch um eine Welt, die unserer gar nicht zu unähnlich ist. In Ymberra ist Liebe nur ein Mittel zum Zweck, für die große, wahre Liebe ist kein Platz mehr, es geht nur um Ordnung und das Funktionieren der Gemeinschaft! Doch was ist mit Pearl und Jesper, die schon länger dieses System anzweifeln? Werden sie sich beugen oder ist es die Hoffnung, die die beiden dazu verleiten, sich zu widersetzen?

Hier eine Inhaltsangabe:

Ymberra, die Regeninsel, hat alle Sünden der vergangenen Zivilisationen fortgespült und bietet nun den einzig bewohnbaren Ort auf dieser Welt. Es gibt keine Kriege, keine Anfeindungen und keine Krankheiten mehr. Für die nötige Ordnung sorgt das Momentum, das Jahr der Entscheidung, das die Menschen in zwei Klassen einteilt.

Pearl hat Angst vor ihrem Momentum, bei dem es in erster Linie um Kompromisse und nicht um die ganz große Liebe geht. Der Druck, ein Fortunas zu werden, ist groß. Was, wenn sich niemand ihren Namen auf die Stirn tätowieren lassen möchte? Und wenn sie selbst niemanden findet, dessen Namen sie ihr restliches Leben tragen möchte?

Jesper verabscheut das System, er rebelliert, muss aber dennoch am Momentum teilnehmen. Für ihn steht fest: Er wird sich seinen eigenen Namen auf die Stirn tätowieren lassen, so wie es einst seine Mutter getan hat. Doch was, wenn die Liebe plötzlich dazwischenfunkt? Wenn ein Funken Hoffnung alles verändert?

Pearl und Jesper (und ich natürlich auch!) freuen uns über jeden Besucher des diesjährigen Momentums. Keine Angst, ihr seid selbst nicht gezwungen, euch einen Namen auf die Stirn zu tätowieren! (Außer ihr wollt es! :P)

Liebe Grüße und ein sommerliches Wochenende!

Jessi

Donnerstag, 16. August 2018

[Rezension] In einer kleinen Stadt - Stephen King

Titel: In einer kleinen Stadt
Autor:  Stephen King
Genre: Roman, Horror
Erscheinungsdatum: 1991
Anzahl der Seiten: 767
Cover und Inhaltsangabe © Heyne




"Der Zugereiste Leland Gaunt eröffnet den Laden „Needful Things“. Die Kunden finden dort Raritäten, mit denen sie ihre geheimen Sehnsüchte und Wünsche erfüllen. Aber alles hat seinen Preis: Neben einer symbolischen Bezahlung verlangt Leland von ihnen, anderen Einwohnern harmlose Streiche zu spielen. Bald schon eskaliert der Spaß, und in Castle Rock herrscht das blanke Chaos ..."




In diesem Monat gab es für mich durch eine gemeinsame Leserunde mit anderen Bloggerkolleginnen endlich mal wieder ein Buch von Stephen King. Ich bin mit seinen Büchern ja groß geworden, habe aber gemerkt, dass ich noch einige Klassiker nicht kenne. So zum Beispiel "In einer kleinen Stadt", hier eröffnet in Castle Rock, dem Schauplatz vieler King Werke, ein neuer Laden und stürzt alle Menschen ins Unglück.

King schafft es immer wieder, mich schon nach wenigen Seiten gefangen zu nehmen. Das war auch bei diesem Buch der Fall. Erst einmal richtet sich King hier an den Leser und begrüßt ihn wieder in Castle Rock. Für mich hat es sich angefühlt, als würde ich nach Hause kommen, da es so viele Anspielungen und bekannte Personen gab.

"In einer kleinen Stadt" hat mich hier tatsächlich wieder umgehauen und gleichzeitig auch motiviert, denn wenn ich in seine Bücher und Geschichten eintauche spüre ich vor allem eins: Leidenschaft. Stephen King lebt hier tatsächlich jedes Wort und lässt den Leser tief in seine Gedankenwelt abtauchen!




- Leland Gaunt -

An dieser Stelle werde ich nicht alle Personen beschreiben, sondern mich auf die für mich Wichtigsten beschränken. Bei diesem Buch hat man nämlich tatsächlich das Gefühl, die halbe Stadt kennenzulernen!

Leland Gaunt ist hier das Zentrum des "Bösen", obwohl er auf die Leute erst einmal wie ein normaler Verkäufer wirkt. Doch seine Waren haben einen sehr hohen Preis. Können die Bewohner von Castle Rock diesen wirklich bezahlen?

Ich muss sagen, dass ich Leland Gaunt von Anfang an furchtbar interessant fand. Er manipuliert die Menschen auf eine sehr charmante Art und lässt sie nach seiner Pfeife tanzen. Dabei kitzelt er jedoch nur die schlechten Seiten aus ihnen heraus. Jene Seiten, die wohl in jedem von uns stecken.

Leland Gaunt fand ich unheimlich und doch faszinierend, ja, fast schon sympatisch. Teilweise habe ich mich dabei ertappt, dass ich auch mit ihn mitgefiebert habe!

- Polly und Allen -

Zwei weitere Charaktere, die im Fokus der Geschichte stehen, sind auf jeden Fall Polly und Alan. Während Polly an Arthritis leidet und an schlechten Tagen ihre Hände kaum noch bewegen kann, ist Alan der Sheriff der Stadt, der den Tod seiner Frau und seines Kindes nicht verkraftet kann.

Beide geben sich Halt und waren meiner Meinung nach hier ein unschlagbares Team, das leider auch auf eine harte Probe gestellt wird. Denn schlummern in den beiden nicht vielleicht auch eine dunkle Seele?




Ein neuer Laden eröffnet in der kleinen Stadt "Castle Rock" und die Bewohner der kleinen Stadt sind vollkommen aus dem Häuschen. Der kleine Brian wird schließlich der erste Kunde und hier wird bereits deutlich, dass die Baseballkarte, die er sich schon immer gewünscht hat, einen hohen Preis hat.

Nach und nach strömt die halbe Stadt in den Laden. Leland Gaunt hat alles, was die Leute schon immer haben wollen, doch seine Waren sind nicht einfach zu bekommen. Die Menschen müssen einiges tun und schon bald versinkt die kleine Stadt im Chaos ...

Als Leser lernen wir gefühlt die Hälfte der Bewohner von Castle Rock kennen. In anderen Büchern hätte mich diese Vielzahl von Charakteren wohl erschlagen, doch hier bekommt jede Person eine eigene Geschichte. Sei es die schüchterne Nettie, der zwielichtige Stadtratsvorsitzende Buster oder aber der Alkoholiker Hugh, der sein Leben endlich ändern will. Ich habe mich schnell gefühlt, als wäre ich selbst Teil von Castle Rock und würde die Personen ewig kennen.

Auf fast 800 Seiten beschreibt King hier die unheimliche Geschichte eines Ladenbesitzers, der die Menschen gegeneinander ausspielt. Es passieren einige sehr erschreckende Dinge, die mich beim Lesen echt mitgenommen haben und es gab auch viele Momente, die mir regelrecht eine Gänsehaut verursacht haben.

"In einer kleinen Stadt" ist hierbei wahrlich eine Gefühlsachterbahn. Einige Dinge fand ich sehr schlimm zu ertragen (Besonders die Sache mit Nettie, aber auch die mit Brian). An einigen Stellen musste ich tatsächlich weinen, an wiederum anderen lachen, da die Bilder, die hier stellenweise im Kopf entstehen schon voller Ironie und Humor sind.

Stephen King hat hier mit Leland Gaunt einen ganz besonderen Bösewicht geschaffen. Ein Bösewicht, der die Schwächen der Menschen aufzeigt und eine Kleinstadt so ins Chaos stürzt ohne selbst Hand anlegen zu müssen. Für mich ist Gaunt damit einer der genialsten Charaktere, die ich in einem von Kings Werken jemals treffen durfte!

Im übrigen treffen wir im Verlauf der Geschichte hier noch einige bekannte Personen. Obwohl mir ein Handlungsstrang nicht zu 100% Prozent zugesagt hat, muss ich doch sagen, dass durch die verschiedenen Perspektiven doch eine stetige Spannung vorhanden war. Als Leser hatte man das Gefühl, das gesamte Ausmaß betrachten zu dürfen. Jede Person wurde beleuchtet, jeder kleine und große Krieg miterlebt. Kein Horror im herkömmlichen Sinne, aber für mich war das Ende furchtbar erschreckend und unheimlich!





"In einer kleinen Stadt" ist ein faszinierender Roman über die Menschen einer Kleinstadt, die sich langsam selbst zerstören. Es gab viele schockierende, traurige und unheimliche Momente und einen Bösewicht, der zugleich faszinierend als auch abstoßend ist. Für mich ein echtes Highlight!



Samstag, 11. August 2018

[Leseprobe] 2. Kapitel - "Impa & Way und die Namen des Bösen"

-2-

Die alte Bibliothek von Finsterhain tauchte düster und wenig einladend vor Way auf. Er verspürte keinen großen Drang, durch die schwere Eichenholztür ins Innere zu treten. In seinem Leben gab es bereits genug Dunkelheit.
Er atmete tief ein und aus, musterte einen Moment die untergehende Sonne, die es geschafft hatte, die Regenwolken zu verdrängen und betrat die alte Villa.
„Kann ich Ihnen helfen?“, wurde er von einer strengen Stimme begrüßt. „Wir schließen in einer halben Stunde!“
Die alte Frau, die äußerlich jedes Klischee einer Bibliotheksangestellten untermauerte, klang, als würde sie am liebsten jetzt schon Feierabend machen, um den Büchern und sich selbst eine kleine Verschnaufpause zu gönnen.
Way schüttelte den Kopf und steuerte die breite Holztreppe an, die nach oben führte. Die weniger begehrten Bücher befanden sich mit großer Wahrscheinlichkeit oben, weit entfernt von den normalen Lesern, die einfach nur einen guten Roman zu ihrer Unterhaltung suchten.
Die grauhaarige Bibliothekarin, die eine geblümte Bluse und einen dunkelroten, knielangen Faltenrock trug, verfolgte ihn mit einem kritischen Blick.
Way wusste genau, dass ihr seine dunkle Kleidung missfiel. Seine schwarzen Stiefel, die enge Hose und seine Lederjacke waren ihr eindeutig zu viel, hinzu kam seine unmögliche Frisur. Way war seit Jahren nicht mehr bei einem Friseur gewesen. Stattdessen schnitt er sich seine Spitzen lieber selbst, wodurch einzelne Strähnen seines kinnlangen Haares immer wieder ein Eigenleben entwickelten und wild von seinem Kopf abstanden. Manche Menschen hielten Way bestimmt für einen Punk.
Er fand die Sachbuchabteilung und stürzte sich auf das Regal mit den historischen Werken. Irgendwo hier musste es einen Hinweis geben. Wenn das Internet versagte, lag die Antwort meist in einem alten Buch verborgen.
Mit zusammengekniffenen Augen las er die Titel. Das gelbstichige Licht, das die Lampen an der Decke abgaben, erinnerte ihn an Kerzenschein, was ihn völlig unpassend für einen Ort vorkam, an dem es ums Lesen ging.
Die Bibliothekarin war ihm gefolgt. Wie ein düsterer Schatten tauchte sie hinter ihm auf.
„Kann ich Ihnen helfen?“, wiederholte sie ihre Frage wie ein Leierkasten und deutete auf ihre silberne Armbanduhr.
„Ich habe schon verstanden, dass Sie gleich schließen“, meinte Way und zog ein schweres Buch aus dem Regal. „Allerdings ist dies ein öffentlicher Ort und ich habe etwas Wichtiges für das Gemeinwohl zu erledigen. Wenn Sie wollen, können Sie aber ruhig schon gehen. Es wäre nur schön, wenn Sie vorher für etwas mehr Licht sorgen könnten!“
„Wie bitte?“ Die Bibliothekarin sah ihn entgeistert an.
Way hatte keine Lust und Zeit mit ihr zu diskutieren. Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Ich versuche mich zu beeilen, in Ordnung?“
Die alte Dame nahm ihre Brille, die an einem Band um ihren Hals hing, ab und sah zu, wie er sich mit dem Buch an einen runden Tisch setzte, der in der dunkelsten Ecke stand.
„Wenn Sie mir sagen würden, was genau Sie suchen, könnte ich Ihnen vielleicht helfen! Geht es um ein Geschichtsreferat?“
Way musste lachen. „Nein, es geht um ein Wesen, vermutlich ein Dämon. Es muss sich um einen sehr außergewöhnlichen Dämon handeln! Er scheint stark zu sein, stark und unberechenbar …“
Die Bibliothekarin wich einen Schritt zurück, fast so, als hätte sie Angst vor Way. „Suchen Sie etwas im Fantasybereich? Ich denke, dann sind Sie hier oben falsch …“
„Ich wusste, dass Sie mir nicht helfen können!“ Way vertiefte sich in das Buch, das sich mit der Hexenverfolgung im Mittelalter beschäftigte, allerdings auch ein Kapitel mit der Überschrift „Hexen, Dämonen und der Pakt mit dem Unbekannten“ besaß.
Aus den Augenwinkeln sah Way die Bibliothekarin, die sich an einem Regal festhielt. „Was für einen Dämonen suchen Sie?“
Ihre Stimme hatte sich verändert. Way meinte, Furcht heraushören zu können.
Er blinzelte verwirrt und musterte die alte Frau. Äußerlich hatte sie sich nicht verändert, aber sie strahlte urplötzlich etwas aus, das Way nur allzu gut kannte.
„Haben Sie von dem toten Mädchen gehört, das im Finsterhainer Wald gefunden wurde?“
„Armes Ding“, murmelte die Bibliothekarin geistesabwesend und ohne das kleinste Zeichen von Mitgefühl. „Aber was hat das mit einem Dämonen zu tun?“
„Oh ja, es klingt nach einem klassischen Vampir, nicht wahr?“ Way erhob sich langsam, beinahe in Zeitlupe. „Das Kind war blutleer, allerdings gab es keine äußeren Wunden. Aber wissen Sie was, es gibt gar keine Vampire, nicht wahr? Geister und Dämonen ja, Werwölfe auch, aber Vampire sind nichts als Fiktion. Das müssten Sie als Bibliothekarin ja wissen! Oder ist Ihnen schon einmal einer über den Weg gelaufen?“
Die Bibliothekarin räusperte sich und fing sich wieder. „Ich denke, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen. Wir schließen gleich und ich denke nicht, dass Sie hier fündig werden …“
Way griff in die Tasche seiner Lederjacke und holte einen kleinen, schwarzen Stoffbeutel heraus. „Sie haben keinen Namen, richtig?“
„Was?“ Die Bibliothekarin erstarrte. „Was reden Sie da für ein wirres Zeug? Sie sollten jetzt wirklich gehen!“
Way hatte nicht vor, die Bibliothek zu verlassen, nicht, bevor er herausgefunden hatte, welches Wesen die Kontrolle über diese alte Frau übernommen hatte.
„Wie heißt du?“, fragte Way und verzichtete auf jegliche Umgangsformen. „Und damit meine ich nicht den Namen, den deine menschliche Hülle trägt!“
Im fahlen Licht wurde das faltenüberzogene Gesicht der Bibliothekarin unnatürlich glatt, als würde es sich zusammenziehen und kurz in die Vergangenheit tauchen. Ihre Augen färbten sich tiefschwarz.
„Du hättest auf meinen Rat hören sollen!“ Die Stimme der Frau, die plötzlich nichts Menschliches mehr an sich hatte, wurde unnatürlich tief. „Nun ist es zu spät …“
Way musste grinsen. So schnell hatte er einen Dämon noch nie enttarnt.
Das Gesicht der einstigen Bibliothekarin fiel wieder in sich zusammen. Der Dämon konnte nicht besonders stark sein. Das alles würde ein Kinderspiel werden.
„Warum hast du das Kind getötet?“, wollte Way wissen. „Wozu brauchst du das Blut?“
Der Dämon legte den Kopf zurück und lachte. Für einen kurzen Moment klang er wieder wie eine alte Frau.
Er machte einen Satz auf Way zu und hob drohend einen Arm. Mehr hatte er nicht zu bieten. „Ich werde dich töten, Junge!“
Jetzt musste Way lachen. „Du besitzt ja nicht einmal einen Namen und hast es gerade einmal geschafft, in diesen alten, zerbrechlichen Körper zu fahren. Aber komm, versuch es ruhig!“
Der Dämon ließ sich nicht zweimal bitten. Er schubste Way zum nächsten Regal, besaß dabei aber nicht einmal ansatzweise die Kraft, die er sich einredete.
„Du bist so schwach wie der Körper, in dem du steckst!“ Way warf sich gegen den Dämonen und stieß ihn gegen das Regal mit den esoterischen Büchern. Wie passend. „Willst du mir noch verraten, was das mit dem Kind sollte? Oder soll ich dich lieber gleich zurück in die Hölle schicken?“
Ein rasselndes Geräusch drang aus der Kehle des Dämons. Das war die einzige Antwort, die er geben wollte.
Way seufzte. „Na, welcher Stein darf es denn sein?“
Er tastete in dem schwarzen Stoffbeutel herum. Es wurde Zeit, das alles zu beenden. „Obsidian? Ein Onyx, so schwarz wie dein Antlitz? Oder nein, das ist viel zu düster für so einen Schwächling wie dich. Wie wäre es mit einem Bergkristall. Der funkelt doch so schön, nicht wahr?“
Der Dämon öffnete den Mund und fauchte wie eine Katze. Way hatte ins Schwarze getroffen. Warum machten es ihm diese Wesen nur immer so leicht?
Heilsteine waren die beste Waffe gegen einfache Dämonen, die sich nur unter die Menschen mischten, um etwas zu spielen. Bei einem Monster, dem es nach Kinderblut giert, hatte er aber mehr erwartet.
Way hielt den Bergkristall zwischen Daumen und Zeigefinger. Er war fast durchsichtig, so wie Eis oder Glas. Ein schöner, wenn auch sehr gewöhnlicher Stein.
Leise murmelte Way seinen Exorzismus auf Latein. „In nomine Patris, et Filii, et Spiritus sancti …“
Der Dämon wich zurück und klammerte sich ans Regal. Ein dickes Buch über „Die Kraft der Engel“ fiel zu Boden.
„Sag mir, warum du das Mädchen töten musstest!“ Way unterbrach seinen Exorzismus, um auf diese wichtige Frage eine Antwort zu bekommen.
„Ich war das nicht …“, fauchte der Namenlose. „Ich habe nichts getan …“
Dämonen waren noch verlogener als Menschen. Sie waren sich niemals einer Schuld bewusst. Das hatte Way früh lernen müssen.
„Dann sag es mir halt nicht …“ Wütend stürmte er nach vorne und umklammerte den Kopf der Bibliothekarin mit einer Hand. Mit der anderen stieß er geschickt den Bergkristall in eine ihrer schwarzen Augenhöhlen. Für gewöhnlich reichte der Hautkontakt mit dem richtigen Stein, doch Way wollte auf Nummer sicher gehen.
Der Dämon stieß einen letzten Schrei aus und gräulicher Nebel schoss aus sämtlichen Poren, um sich von dem Stein verschlucken zu lassen. Ein widerlicher Schwefelgeruch breitete sich augenblicklich aus und Way wandte angewidert den Kopf ab. Zu seiner großen Überraschung blickte er dabei direkt in ein blasses Gesicht, das von roten Haaren umrahmt war.
Eine Hexe, dachte er im ersten Moment, fühlte sich aber sofort schlecht. So oberflächlich hatten die Menschen einander bereits im Mittelalter geurteilt und das hatte unzähligen Frauen das Leben gekostet. Die Menschheit änderte ihr Denken nie, es war einfach angeboren.
„Sie ist tot …“, stieß die Rothaarige hervor und presste sich eine Hand auf den Mund. „Du … hast … sie … getötet …“
Way blickte auf die alte Frau, die jetzt vor ihm auf dem Boden lag. Ihr Körper hatte den Dämonen, so schwach er auch gewesen sein mochte, nicht ausgehalten. Ihr freies Auge blickte starr an die Decke und ihr halb geöffneter Mund erzählte stumm von ihrem grausamen Ende. Die Seele, die sie einst zum Menschen gemacht hatte, war längst fort. Vermutlich hatte es nicht einmal einen echten Kampf gegeben.
„Ich habe sie nicht …“, setzte Way an und merkte, wie falsch das klang. „Ich wollte …“
Was hatte diese junge Frau, die kaum älter als er selbst sein konnte, hier verloren? Die Bibliothek schloss doch gleich …
Way gab sich große Mühe, nicht von unwissenden Menschen gesehen zu werden. Die meisten von ihnen hatten wenig Verständnis für das, was er tat, obwohl er tagtäglich auch ihre Leben rettete.
Die Unbekannte setzte sich in Bewegung und stürmte die Treppe nach unten.
„Warte …“, rief er ihr nach, schnappte sich den Bergkristall, den er unbedingt vergraben musste und folgte ihr.

Donnerstag, 9. August 2018

[Rezension] Seelenspiel - Tarryn Fisher

Titel: Seelenspiel
Autor:  Tarryn Fisher
Genre: Thriller, Psychothriller
Erscheinungsdatum: 1. Feburar 2018
Anzahl der Seiten: 416
Cover und Inhaltsangabe © Piper 



"Vor dem Fenster nichts als Schnee und Eis; die Haustür ist verschlossen. Am Morgen ihres 33. Geburtstags wacht Senna in einem fremden Haus auf. Es gibt kein Entkommen. Und sie ist nicht allein. Im Nebenzimmer findet sie Isaac, ihren Arzt. Warum sind sie hier? Wer hat sie entführt? Dann entdecken sie Spuren, die der Täter hinterlegt hat – und die Senna zutiefst verstören. Sie begreift, dass es nur einen Ausweg aus diesem abgründigen Spiel gibt: Sie muss sich ihrer Vergangenheit stellen. Und so taucht Senna tief ein in eine Geschichte von Liebe und Hass, Schuld und Rache, Leben und Tod."



"Seelenspiel" ist ein fast schon poetisch angehauchter Psychothriller. Zu Beginn spielt die Handlung in dem Haus, in dem unsere Protagonistin mit einem Mann, der sich als ihr Arzt herausstellt, gefangen gehalten wird. Spannung kam hier zu Beginn zwar auf, doch fesseln konnte mich das Buch nicht so recht.

Dies lag vor allem daran, dass wir als Leser immer wieder mit den wirren Gedanken von Senna konfrontiert werden und dann in eine Vergangenheitsgeschichte gezogen werden, die sich für mich nicht so recht erschließen wollte. Alles wirkt doch recht wirr, sehr undurchsichtig und es ist kein richtiger roter Faden zu erkennen.

Dabei hat mir der Stil von Tarryn Fisher sehr gut gefallen. Es blieb Platz für eigene Gedanken bezüglich dieser "Entführung" und den beiden Charakteren, die beide alles andere als normal agieren.
Dennoch fehlte mir bei der Geschichte der rote Faden und vor allem ein paar Überraschungen.




- Senna -

Im Fokus der ganzen Geschichte steht Senna, die ich nur sehr schwer einschätzen konnte. Sie ist selbst Schriftstellerin und scheint sich einer Welt aus Selbsthass und Depressionen verloren zu haben. Sie hat keine Familie und keine Freunde und musste anscheinend schon einiges durchmachen.

In manchen Situationen konnte ich mit ihr mitfiebern, in anderen konnte ich ihr leider recht wenig Verständnis entgegenbringen und das war mein größtes Problem. Auf der einen Seite fand ich sie sehr interessant, auf der anderen Seite konnte ich sie aber einfach nicht verstehen - egal, welche Mühe ich mir gegeben habe ...

- Isaak -

Dann ist da noch der Arzt, der sowohl in der Zeit im Haus, als auch davor absolut seltsam agiert. Ihn konnte ich bis zum Schluss leider überhaupt nicht einschätzen und ich weiß auch einfach nicht, was genau denn nun zwischen Senna und ihm war. Liebe? Eine gewisse Abhängigkeit? Eine Obsession? Oder doch eine Seelenverwandschaft?



"Seelenspiel" klingt erst einmal wie ein recht typischer Thriller mit einem Ausgangsszenario, das viel Spannung verspricht. Wir haben hier eine Frau, die mit einem Mann in einem Haus eingesperrt ist. Doch schnell wird dem Leser klar, dass nicht das große "Warum" oder das "Wer" dahinter steckt, sondern dass es hier eigentlich um Senna geht, die sich selbst verloren hat und nun nicht nur einen Ausweg aus dem Haus, sondern auch sich selbst finden muss ...

Eine gewisse Atmosphäre besaß die Zeit im Haus für mich. Besonders dieses Karusselzimmer fand ich schon recht unheimlich. Die Autorin schafft es tatsächlich, dass sich der Leser hier viele Fragen stellt und auch selbstständig mitdenkt. Allerdings hat Tarryn Fisher auch dafür gesorgt, dass ich unsere beiden Protagonisten anzweifeln musste. Sie agieren meiner Ansicht nach nicht immer logisch, geben sich viel zu schnell ihrem "Schicksal" hin und verharren nur der Dinge, die da kommen - oder eben nicht.

Irgendwann taucht der Leser dann in Sennas Vergangenheit ein. Ich konnte Mitgefühl entwickeln, hatte aber auch durchwegs ein gewisses Unverständnis. Vieles wird einfach nicht zuende erzählt oder besitzt nur eine einseitige Betrachtungsweise. Beispielsweise wird so ein großes Geheimnis um die Sache mit dem Karussel gemacht, doch letztendlich hat mich die Geschichte hier recht unbefriedigt zurückgelassen.

Das gilt leider auch für den Ausgang der Thrillerhandlung. Hier wirkt alles recht zusammengeschustert. Während ich als Leser vermutete, dass sich hinter dem Haus nur eine Metapher versteckt, wird nach und nach eine recht lahme Erklärung für diese "Entführung" gefunden, die mich leider furchtbar enttäuscht hat.

Ich verstehe schon, dass es in diesem Buch nicht darum geht, wer nun dahinter gesteckt hat. Es geht auch nicht um das große "Warum" (das ich im übrigen auch null verstanden habe!), es geht vielmehr um Senna und ihre Selbstfindung. Und es geht um Liebe. Irgendwie ...



Mich lässt "Seelenspiel" von Tarryn Fisher sehr zwiegespalten zurück. Sprachlich besitzt das Buch einige Höhepunkte, auch die Charaktertiefe ist der Autorin gelungen, doch für mich war einfach kein roter Faden zu erkennen. Die teilweise wirren Zusammenhänge zwischen der Gegenwart im Haus und Sennas Vergangenheit waren für mich nicht zu 100% nachvollziehbar und auch das Ende hat mich leider mit etlichen Fragezeichen zurück gelassen ...



Montag, 6. August 2018

[Rezension] Cora Mystery Band Nr. 131 - Der Killer von Lake Crystal - Eric Morse

Titel: Der Killer von Lake Crystal (Cora Mystery)
Autor:  Eric Morse
Genre: Mystery-Roman
Erscheinungsdatum: 1995
Anzahl der Seiten: 91
Cover und Inhaltsangabe © Cora



"Ist es Zufall, daß der Jäger die Grabstätte entdeckt, unweit vom Lake Crystal? Oder treibt ihn schon da der Fluch der wahnsinnigen Mrs. Voorhees, deren verunglückter Sohn als blutrünstiger Zombie die Gegend unsicher machen soll? Dem Zwang, die gefundene Maske aufzusetzen, hinter der sich der Untote der Legende verbarg, kann er jedenfalls nicht widerstehen - und es packt ihn wie ein Fieber, als er Cathy und die Clique am Lagerfeuer sieht..."




Früher habe ich die "Mystery Thriller-Hefte" von Cora geliebt. Ich hatte eine riesige Sammlung und bin jeden Monat mit meinem Taschengeld zum Zeitschriftenladen gepilgert. Nun bin ich, inspiriert von den Filmen "Freitag der 13." auf diesen Mystery-Roman gestoßen, der sich mit Jason Vorhees beschäftigt.

Dieses Heft ist dabei natürlich voller Klischees. Es geht um eine Gruppe von Teenies, die zum Crystal Lake fahren, um dort ein tolles Wochenende zu verbringen. Carly ist dabei das naive Püppchen, Boone der Draufgänger, Monique die heiße Austauschschülerin, Suzanne und Kyle die Hippies, Paul Sexton (der Name passt hier wie die Faust aufs Auge), der Traum aller Mädchen und Albert, der Außenseiter, von dem man sich fragt, warum er überhaupt Teil der Gruppe ist.

Die Geschichte beginnt damit, dass Jasons Maske gefunden wird und den "Fluch" praktisch erneut freisetzt. Damit ist Carly mit ihrer Clique natürlich das perfekte Ziel. Der Hauptteil der Handlung beschäftigt sich dann allerdings mit den Liebeleien im Camp und der Party der Teens.

Richtig spannend wird es erst am Ende. In den letzten Kapitel spitzt sich die Lage zu und Jason beginnt wieder einmal seinen Streifzug durchs Camp. Dabei geht er allerdings nicht so brutal zu wie in den Filmen.

Ich habe das Heft zusammen mit meinem Mann gelesen und auch wenn der Schreibstil nicht perfekt ist, es viele Klischees gab und auch einige Logikfehler, so haben wir doch jede Menge Spaß dabei gehabt. Wir haben uns an einigen Stellen echt weggeschmissen vor Lachen, denn die Geschichte ließt sich teilweise wirklich ein sehr typischer Slasher. Dieses Mystery-Heft wird auf jeden Fall nicht unser letztes gewesen sein!




Ich verzichte hier an dieser Stelle auf eine Bewertung, da die Geschichte natürlich furchtbar klischeebeladen, an einigen Stellen ungewollt lustig und natürlich auch voller Logikfehler ist. Dennoch haben wir uns gut unterhalten gefühlt und Jason Vorhees ist eh immer ein cooler Charakter!

Samstag, 4. August 2018

[Monatsrückblick] Mein Lesemonat Juli 2018

Highlight im Juli war für mich auf jeden Fall meine Veröffentlichung von "Impa & Way", die mich zwar auf der einen Seite auch etwas runtergezogen hat, auf der anderen Seite aber auch furchtbar motiviert hat, gleich mit dem nächsten Teil anzufangen. Ich habe in diesem Monat sehr viel geschrieben und damit auch meine ständige Grübelei in die Flucht geschlagen. Mir ist klar geworden, dass ich einfach mein Ding durchziehen werde, komme was wolle! Ich fühle mich gut mit dem Schreiben und an diesem Gefühl werde ich festhalten!

Nun kommen wir aber zu dem abwechslungsreichen Lesemonat! Natürlich war der Monat wieder recht düster, doch es waren auch ein paar sommerliche Geschichte dabei. Leider fand ich den Juli selbst etwas schwächer als den Vormonat, was aber auch daran lag, dass der Juni voll mit echten Highlights gewesen war. Dennoch bin ich wieder einmal zufrieden mit den gelesenen Bücher! Endlich habe ich, inspiriert durch den Freitag den 13, auch wieder einmal mit meinem Mann gemeinsam einen Cora-Mystery-Roman gelesen, was mich komplett in meine Jugend versetzt hat.

Ich habe 10 Bücher gelesen, einen Spiele-Comic und ein Mystery-Roman von Cora!


- Thriller/ Psychothriller/ Krimi -

Tiefe Wasser - Patricia Highsmith (5 von 5)
Perfect Girlfriend - Du weißt, du liebst mich - Karen Hamilton (4 von 5)
Broken Memory - C. J. Cooke (4 von 5)
A Head full of Ghosts (3 von 5)
A Stranger in the House - Shari Lapena (2 von 5)

- Roman -

Wenn die Sterne Schleier tragen (Cecilia) - Anna Nigra (5 von 5)
Eine zweite Chance - Karin Alvtegen (2 von 5)
Liebe in Reihe 27 - Eithne Shortall (2 von 5)


- Jugendthriller -

Der Tag an dem Cooper starb - Rebecca James (5 von 5)

- Jugendbuch -

Lockwood & Co. - Das flammende Phantom (Band 4) - Jonathan Stroud (5 von 5)

- Spiele-Comic -

Spiele-Comic Noir: Gefangen! (5+ von 5)

- Mystery-Heft (Cora)

Der Killer von Lake Crystal - Eric Morse (Ohne Bewertung)

© Blanvalet



Mein liebster weiblicher Charakter war auf jeden Fall Juliette aus "Perfect Girlfriend" von "Karen Hamilton. Sie war eine sehr zerbrochene Frau, die sich hier regelrecht in eine Soziopathin verwandet, aber was soll ich sagen? Ich fand sie als Charakter ungemein faszinierend und spannend und ich habe echt gehofft, dass sie ihren Nathan bekommt! Ich liebe einfach Charaktere, die "anders" sind!

© Diogenes



Und auch beim liebsten männlichen Charakter muss ich einen echten Psychopathen erwähnen. Was genau sagt das jetzt über mich aus? Auf jeden Fall war das Vic Van Allen aus "Tiefe Wasser" von Patricia Highsmith. Es ist eine tiefgründige Charakterstudie eines Mannes, der tief im Inneren nicht so ruhig und besonnen ist wie er nach außen erscheint. Was kann ein Mensch ertragen, bevor er endgültig ausbricht?

© cbt



Meinen spannendsten Moment hatte ich in diesem Monat mit "Der Tag an dem Cooper starb". Das Buch beginnt mit einem echten Schocker: Cooper stirbt, angeblich Selbstmord. Nach und nach lernen wir dann Cooper und seine Freundin Libby kennen und auch lieben. Leider weiß der Leser, wie es für Cooper enden wird und bis zum Ende ist unklar, was dort auf den Klippen wirklich geschah ...

© Pegasus Spiele



Die originellste Buchidee war für mich auf jeden Fall der neue Spiele-Comic von Pegasus Spiele! "Gefangen!" besitzt so viele Entscheidungsmöglichkeiten und eine echt unheimliche und ungemein spannende Geschichte. Wer noch keinen Spiele-Comic ausprobiert hat: Es lohnt sich echt!

Und wie sah euer Lesemonat Juli aus? Waren ein paar tolle Charaktere und Buchmomente dabei?




Donnerstag, 2. August 2018

[Rezension] Tiefe Wasser - Patricia Highsmith

Titel: Tiefe Wasser
Autor: Patricia Highsmith
Genre: Krimi
Erscheinungsdatum: 1976
Anzahl der Seiten: 302
Cover und Inhaltsangabe © Diogenes



"Liebende sind wie zwei Hälften, die ein Leben lang auf dem Weg zueinander sind. Sagt Plato. Doch Victor und Melinda sind so sehr füreinander vorherbestimmt, daß scheinbar nichts mehr sie voreinander retten kann."




Nachdem ich im vergangenen Monat "Zwei Fremde im Zug" von Patricia Highsmith gelesen hatte und absolut gefesselt von dem Schreibstil der Autorin war, musste ich gleich ein weiteres Buch lesen!

"Tiefe Wasser" ist dabei wieder einmal ein Krimi, bei dem das "Whydunit", also das große "Warum" hinter einer Tat im Fokus steht. In dieser Geschichte lernen wir Vic kennen, einen Mann, der in der Partnerschaft schon viel aushalten musste und doch immer noch besonnen agiert. Doch wie viel kann ein Mensch wirklich ertragen?

Dabei ist dieser Krimi wieder einmal sehr tiefgründig, was mir einfach mehr liegt als diese typischen neueren Krimis, in denen es nur um das Finden eines Mörders geht. Die ganze Geschichte ist aus der Sicht von Vic geschildert, wir werden mit ihm zusammen also an den Rand den Verzweiflung gebracht. Wird er irgendwann einen Schritt zu weit gehen?



- Victor Van Allen -

Vic, wie er von seinen Freunden liebevoll genannt wird, ist ein überaus netter Mensch, der immer ruhig und besonnen wirkt. Dass die Beziehung zu seiner Frau schon lange zerbrochen ist, scheint ihm nicht viel auszumachen. Auch die Tatsache, dass Melinda schon öfters betrogen hat und ihm immer neue Männer vorführt, scheint ihn kalt zu machen.

Das ist allerdings nur die Oberfläche. Wie am Anfang Mrs. Nash so treffend formuliert: "Du kommst mir vor wie einer, der immer alles in sich hineinfrisst, um dann eines Tages ... Eines Tages ..."

Und dieser Tag soll im Laufe dieser Geschichte kommen. Vic ist ein sympathischer Mensch, den ich als Leser am liebsten beschützen wollte. Er ist Verleger, interessiert sich für Schnecken (Von denen er selbst welche hält) und liebt es, intelligente Gespräche zu führen.

- Melinda -

Puhh, Melinda ist kleine Rebellin und sie passt leider überhaupt nicht zu Vic, der ihr nicht nur intellektuell überlegen ist, sondern auch von seiner Art viel zu ruhig und ausdauernd für sie ist. Melinda will das Leben genießen und das am liebsten mit immer neuen Männerbekanntschaften.

Melinda zeigt vollkommenes Desinteresse ihrem Mann und leider auch ihrem Kind gegenüber. Sie lebt eigentlich nur für sich und schert sich nicht um die Gefühle ihrer Mitmenschen. Dies fand ich besonders abstoßend an ihr, vor allem, da sie sich einfach nicht von Vic Scheiden lassen wollen. Die beiden klammern sich aneinander, obwohl sie sich damit nur gegenseitig in den Abgrund ziehen.




Getreu dem Spruch "Stille Wasser sind tief" erschafft Patricia Highsmith hier einen Protagonisten, der äußerlich vollkommen ruhig und besonnen wirkt. Doch unter der Oberfläche brodelt es schon lange. Dies wird bereits auf den ersten Seiten deutlich, in denen unser Protagonist einem Kontrahenten erzählt, er hätte den letzten Liebhaber seiner Frau ermordet. Ob da nun etwas dran ist, kann der Leser erst einmal schlecht einschätzen, doch ich fand es köstlich, wie viel Angst Vic nur verbal verbreiten konnte.

Vic selbst scheint seine Frau nicht mehr zu lieben - Sie leben schon lange getrennt und teilen nicht einmal mehr das Schlafzimmer miteinander. Bis zu einem gewissen Punkt toleriert Vic die Liebeleien seiner Frau, doch er wünscht sich, dass sie sich "wenigstens einen gescheiten Mann sucht". Alles andere sieht er als Verhöhnung seiner eigenen Person.

"Tiefe Wasser" ist ein sehr tiefgründiger Krimi, der den Leser tief in die Gedankenwelt von Vic entführt. Wird er irgendwann ausbrechen? Und was wird dann geschehen?

Mir tat Vic total leid, denn er ist hier wirklich mit einer Frau gestraft, die ihn immer wieder erniedrigt. Ironischerweise schlüpft Vic hier komplett in die Rolle des Unschuldslamms. Niemand traut ihm eine Tat zu, ist er doch äußerlich die Ruhe in Person. Hier wird wieder klar, dass doch die äußere Erscheinung viel ausmacht, ja, dass es anscheinend doch wichtig ist, wie man nach außen hin wirkt.

Lange kann Vic sein Innerstes aber nicht verbergen und es war hier nur eine Frage der Zeit, bis etwas Schreckliches passiert. Mit jedem neuen Mann, der in Melindas Leben tritt, steigert sich die Spannung bis zu einem recht bitteren Ende!




Mein zweiter Krimi von Patricia Highsmith konnte mich auch absolut überzeugen. Eine tiefgründige Charakterstudie eines Mannes, der trotz äußerer Stärke innerlich längst zerbrochen ist! "Tiefe Wasser" hat mich fasziniert und wird definitiv nicht mein letztes Buch der Autorin gewesen sein!