Autor: Valérie Valère
Genre: Roman, Jugendbuch
Erscheinungsdatum: 1981
Anzahl der Seiten: 257
Cover und Inhaltsangabe © dtv
"Die Geschwister Malika und Wilfried leben mehr oder weniger sich selbst überlasen in einer großen Wohnung in Paris. Die Kälte und Gleichgültigkeit ihrer Umgebung führt dazu, dass sie immer leidenschaftlicher um ihre eigene Welt der Träume und Gefühle kämpfen ...
Valérie Valère starb bereits mit 21 Jahren. Sie brachte sich um, weil sie die Welt, in der sie leben musste, nicht mehr ertragen konnte. Diese Melancholie überträgt sie auch auf ihre Bücher, die im Grunde eine Anklage an die gefühlskalte Welt der Erwachsenen sind.
Nachdem ich "Das Haus der verrückten Kinder" gelesen habe, das ihre Zeit der Magersucht beschreibt, musste ich auch einen ihrer fiktiven Romane lesen. "Malika oder: Komm mit in meinem Traum" ist dabei wieder einmal ein sehr intensives Leseerlebnis, ein Buch, das einen tief unter die Oberfläche zieht und das einen nur hin und wieder kurz zum Luftschnappen auftauchen lässt.
Ich finde es Wahnsinn, was für ein Talent Valérie Valère zum Schreiben besaß. Jedes Wort stimmt, jeder einzelne Dialog der beiden Geschwister geht unter die Haut. Es kommt nicht oft vor, dass ich ganze Abschnitte noch einmal lese, um die Worte ein weiteres Mal auf mich wirken zu lassen, aber bei "Malika" war dies der Fall!
Das Geschehen erleben wir aus der Sicht beider Geschwister, auch wenn Wilfrieds Abschnitte überwiegen. Beide reden den Leser mit "Sie" an, was eine gewisse Distanz schafft und bereits ein Fingerzeig ist, der so viel aussag wie "Wir wollen nicht so sein wie ihr!"
- Wilfried -
Wir erfahren die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht des 15-Jährigen Wilfrieds. Er ist kein normaler Teenager, denn er hat keine Freunde und lebt praktisch nur für seine jüngere Schwester. Schnell wird klar, wie viel sie ihm bedeutet, auch wenn er sich dies selbst erst mal nicht eingestehen will.
Wilfried verliebt sich in eine ältere Frau, anscheinend seine Traumfrau, doch Malika lässt ihn nicht los. Immer wieder sieht er ihr Gesicht vor sich und unbemerkt verliebt er sich dabei immer mehr in sie.
Er ist verwirrt von seinen Gefühlen, die es in dieser "normalen" Welt ja eigentlich nicht geben darf, weswegen er sich immer mehr in eine Traumwelt zurückzieht, die er mit Malika teilen kann. Dort können sie glücklich und frei sein.
- Malika -
Wahrscheinlich werden jetzt einige von euch geschockt sein, zu hören, dass Malika zu Beginn der Geschichte gerade einmal neun Jahre ist. Sie ist allerdings ein sehr intelligentes und reifes Mädchen, das die Welt viel klarer sieht, als so mancher Erwachsener.
Sie liebt ihren Bruder, kann ihre Gefühle aber anfangs auch nicht so recht einordnen. Natürlich ist es schwer, in dem Alter ohne Elten aufzuwachsen, aber Malika und Wilfried sorgen dennoch für ihr eigenes Glück - auch wenn sie dabei nicht so recht Kind sein dürfen ...
Bei manchen Aussagen Malikas bekam ich beim Lesen eine Gänsehaut, so fragt sie ihren Bruder als sie im Park ein Liebespaar sieht, beispielsweise: "Warum küsst du mich nicht so?"
Sie möchte immer mit ihrem Bruder zusammen sein, ja ihn ganz für sich besitzen, denn nur er schafft es, dass sie der Welt da draußen entfliehen kann, nur bei ihm ist sie glücklich ...
"Malika oder: Komm mit in meinen Traum" ist ein Buch, das sich mit Worten schwer beschreiben lässt, denn es ist ein Erlebnis. Als Leser werden wir zwischen Malika und Wilfried katapultiert, die sich aneinanderklammern, um dieser schrecklichen Welt zu entfliehen. Ihre Mutter ist früh verstorben, der Vater ist nur ein oder zwei Mal im Jahr bei ihnen, interessiert sich sonst aber nicht für sie. Die Haushälterin hält sich aus allem heraus, sieht gar nicht, was da vor sich geht.
Malika und Wilfried haben genug Geld, aber reicht das aus, um glücklich zu sein? Beide waren früh auf sich allein gestellt. Sie haben die Wohnung neu eingerichtet, denn ihr Vater ist ja eh nie anwesend. Ihr Umfeld ist komplett auf sie abgestimmt, wenn sie zusammen sind, sind sie frei und unbeschwert.
Wilfried trifft dann aber plötzlich seine Traumfrau, die ihn auch noch anspricht. Das, was andere in der Pubertät erleben, verwirrt ihn, denn immer und überall ist seine Schwester anwesend. Malika beherrscht seine Gedanken, seine Gefühle, ja sein ganzes Leben.
Sein Versuch, auszubrechen und "normal" zu sein, endet in einem echten Drama. Immer mehr triftet er in eine Traumwelt, die er sich mit seiner kleineren Schwester teilt. Das was zwischen ihnen ist, ist so intensiv, dass ich beim Lesen oft das Atmen vergessen habe. Ich wurde von den Gefühlen der beiden überrollt, denn Valérie Valère findet hier stets die richtigen Worte, die auf der einen Seite eine ungemeine Ehrlichkeit, auf der anderen auch eine gewisse Melancholie besitzen - denn sie wollen nicht in unsere "perfekte" Welt passen ...
Malika und Wilfried verziehen sich in einem Traum, denn nur ein Traum verspricht die echte Freiheit. Natürlich steht hier eine Frage im Zentrum der ganzen Geschichte: "Darf ich meine Schwester oder meinen Bruder lieben?"
Das Ende war so schmerzhaft, dass ich das Gefühl hatte, zu ertrinken. "Malika oder: Komm mit in meinen Traum" ist keine leichte Kost. Es ist vielmehr ein Buch, das sehr melancholisch ist und einen tief in ein Loch zieht. Zum Glück ist der Leser in diesem Loch nicht allein: Malika und Wilfried leisten ihm Gesellschaft! Die letzten paar Seiten haben mich fertig gemacht, mich aufgewühlt und innerlich zerrissen ...
Wer dieses Buch von Valérie Valère liest, muss offen und viel Verständnis aufbringen. In ihrer Meinung festgefahrene Menschen werden die Geschichten wohl mit ganz anderen Augen sehen, vielleicht sogar skandalös oder abartig finden. Wer aber der Gesellschaft kritisch gegenübersteht, nicht alles hinnimmt und selbst gerne mit- und nachdenkt, der wird die Botschaft dieses Buches verstehen!
Nach nur zwei Büchern kann ich sagen, dass Valérie Valère meine absolute Lieblingsschriftstellerin geworden ist. Ihre Geschichten sind intensiv, jedes Wort habe ich am eigenen Leib gespürt, jedes Gefühl hat mir die Kehle zugeschnürt! "Malika oder: Komm mit in meinem Traum" war ein intensives Erlebnis, ein Erlebnis, das mich auch nach dem Lesen nicht losgelassen hat. Ein absolutes Highlight!
Erscheinungsdatum: 1981
Anzahl der Seiten: 257
Cover und Inhaltsangabe © dtv
"Die Geschwister Malika und Wilfried leben mehr oder weniger sich selbst überlasen in einer großen Wohnung in Paris. Die Kälte und Gleichgültigkeit ihrer Umgebung führt dazu, dass sie immer leidenschaftlicher um ihre eigene Welt der Träume und Gefühle kämpfen ...
Valérie Valère starb bereits mit 21 Jahren. Sie brachte sich um, weil sie die Welt, in der sie leben musste, nicht mehr ertragen konnte. Diese Melancholie überträgt sie auch auf ihre Bücher, die im Grunde eine Anklage an die gefühlskalte Welt der Erwachsenen sind.
Nachdem ich "Das Haus der verrückten Kinder" gelesen habe, das ihre Zeit der Magersucht beschreibt, musste ich auch einen ihrer fiktiven Romane lesen. "Malika oder: Komm mit in meinem Traum" ist dabei wieder einmal ein sehr intensives Leseerlebnis, ein Buch, das einen tief unter die Oberfläche zieht und das einen nur hin und wieder kurz zum Luftschnappen auftauchen lässt.
Ich finde es Wahnsinn, was für ein Talent Valérie Valère zum Schreiben besaß. Jedes Wort stimmt, jeder einzelne Dialog der beiden Geschwister geht unter die Haut. Es kommt nicht oft vor, dass ich ganze Abschnitte noch einmal lese, um die Worte ein weiteres Mal auf mich wirken zu lassen, aber bei "Malika" war dies der Fall!
Das Geschehen erleben wir aus der Sicht beider Geschwister, auch wenn Wilfrieds Abschnitte überwiegen. Beide reden den Leser mit "Sie" an, was eine gewisse Distanz schafft und bereits ein Fingerzeig ist, der so viel aussag wie "Wir wollen nicht so sein wie ihr!"
- Wilfried -
Wir erfahren die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht des 15-Jährigen Wilfrieds. Er ist kein normaler Teenager, denn er hat keine Freunde und lebt praktisch nur für seine jüngere Schwester. Schnell wird klar, wie viel sie ihm bedeutet, auch wenn er sich dies selbst erst mal nicht eingestehen will.
Wilfried verliebt sich in eine ältere Frau, anscheinend seine Traumfrau, doch Malika lässt ihn nicht los. Immer wieder sieht er ihr Gesicht vor sich und unbemerkt verliebt er sich dabei immer mehr in sie.
Er ist verwirrt von seinen Gefühlen, die es in dieser "normalen" Welt ja eigentlich nicht geben darf, weswegen er sich immer mehr in eine Traumwelt zurückzieht, die er mit Malika teilen kann. Dort können sie glücklich und frei sein.
- Malika -
Wahrscheinlich werden jetzt einige von euch geschockt sein, zu hören, dass Malika zu Beginn der Geschichte gerade einmal neun Jahre ist. Sie ist allerdings ein sehr intelligentes und reifes Mädchen, das die Welt viel klarer sieht, als so mancher Erwachsener.
Sie liebt ihren Bruder, kann ihre Gefühle aber anfangs auch nicht so recht einordnen. Natürlich ist es schwer, in dem Alter ohne Elten aufzuwachsen, aber Malika und Wilfried sorgen dennoch für ihr eigenes Glück - auch wenn sie dabei nicht so recht Kind sein dürfen ...
Bei manchen Aussagen Malikas bekam ich beim Lesen eine Gänsehaut, so fragt sie ihren Bruder als sie im Park ein Liebespaar sieht, beispielsweise: "Warum küsst du mich nicht so?"
Sie möchte immer mit ihrem Bruder zusammen sein, ja ihn ganz für sich besitzen, denn nur er schafft es, dass sie der Welt da draußen entfliehen kann, nur bei ihm ist sie glücklich ...
"Malika oder: Komm mit in meinen Traum" ist ein Buch, das sich mit Worten schwer beschreiben lässt, denn es ist ein Erlebnis. Als Leser werden wir zwischen Malika und Wilfried katapultiert, die sich aneinanderklammern, um dieser schrecklichen Welt zu entfliehen. Ihre Mutter ist früh verstorben, der Vater ist nur ein oder zwei Mal im Jahr bei ihnen, interessiert sich sonst aber nicht für sie. Die Haushälterin hält sich aus allem heraus, sieht gar nicht, was da vor sich geht.
Malika und Wilfried haben genug Geld, aber reicht das aus, um glücklich zu sein? Beide waren früh auf sich allein gestellt. Sie haben die Wohnung neu eingerichtet, denn ihr Vater ist ja eh nie anwesend. Ihr Umfeld ist komplett auf sie abgestimmt, wenn sie zusammen sind, sind sie frei und unbeschwert.
Wilfried trifft dann aber plötzlich seine Traumfrau, die ihn auch noch anspricht. Das, was andere in der Pubertät erleben, verwirrt ihn, denn immer und überall ist seine Schwester anwesend. Malika beherrscht seine Gedanken, seine Gefühle, ja sein ganzes Leben.
Sein Versuch, auszubrechen und "normal" zu sein, endet in einem echten Drama. Immer mehr triftet er in eine Traumwelt, die er sich mit seiner kleineren Schwester teilt. Das was zwischen ihnen ist, ist so intensiv, dass ich beim Lesen oft das Atmen vergessen habe. Ich wurde von den Gefühlen der beiden überrollt, denn Valérie Valère findet hier stets die richtigen Worte, die auf der einen Seite eine ungemeine Ehrlichkeit, auf der anderen auch eine gewisse Melancholie besitzen - denn sie wollen nicht in unsere "perfekte" Welt passen ...
Malika und Wilfried verziehen sich in einem Traum, denn nur ein Traum verspricht die echte Freiheit. Natürlich steht hier eine Frage im Zentrum der ganzen Geschichte: "Darf ich meine Schwester oder meinen Bruder lieben?"
Das Ende war so schmerzhaft, dass ich das Gefühl hatte, zu ertrinken. "Malika oder: Komm mit in meinen Traum" ist keine leichte Kost. Es ist vielmehr ein Buch, das sehr melancholisch ist und einen tief in ein Loch zieht. Zum Glück ist der Leser in diesem Loch nicht allein: Malika und Wilfried leisten ihm Gesellschaft! Die letzten paar Seiten haben mich fertig gemacht, mich aufgewühlt und innerlich zerrissen ...
Wer dieses Buch von Valérie Valère liest, muss offen und viel Verständnis aufbringen. In ihrer Meinung festgefahrene Menschen werden die Geschichten wohl mit ganz anderen Augen sehen, vielleicht sogar skandalös oder abartig finden. Wer aber der Gesellschaft kritisch gegenübersteht, nicht alles hinnimmt und selbst gerne mit- und nachdenkt, der wird die Botschaft dieses Buches verstehen!
Nach nur zwei Büchern kann ich sagen, dass Valérie Valère meine absolute Lieblingsschriftstellerin geworden ist. Ihre Geschichten sind intensiv, jedes Wort habe ich am eigenen Leib gespürt, jedes Gefühl hat mir die Kehle zugeschnürt! "Malika oder: Komm mit in meinem Traum" war ein intensives Erlebnis, ein Erlebnis, das mich auch nach dem Lesen nicht losgelassen hat. Ein absolutes Highlight!
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