Donnerstag, 22. November 2018

[Rezension] Angstrausch - Sarah Lotz

Titel: Angstrausch
Autor:  Sarah Lotz
Genre: Thriller
Erscheinungsdatum: 17. September 2018
Anzahl der Seiten: 464
Cover und Inhaltsangabe © Goldmann

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar!



"Simon Newman liebt die Gefahr. Mit der Kamera begibt er sich an hochgefährliche Orte, an denen Menschen regelmäßig verunglücken. Doch als ein Video, das zeigt, wie er fast zu Tode kommt, einen Hype auslöst, ist sogar der wagemutige Adrenalinjunkie überrascht. Von nun an wollen seine Follower ihn in immer neuen Extremsituationen sehen. Simon nimmt die Herausforderung an: eine Expedition auf den Mount Everest. Auf dem höchsten und tödlichsten Berg der Welt ist er nicht nur den Naturgewalten ausgesetzt, sondern stößt auch auf eine menschliche Tragödie. Und plötzlich steht er einer Gefahr gegenüber, wie selbst er sie noch nicht erlebt hat ..."




Sarah Lotz konnte mich bereits mit "Die Drei" und "Tag Vier" in den Bann ziehen und hat mit diesen Büchern einen Ehrenplatz in meinem Regal ergattert. Ihr Schreibstil ist einzigartig, intensiv und sehr mysteriös. Ihr neuer Thriller "Angstrausch" unterscheidet sich vom Stil allerdings etwas von ihren anderen beiden Werken, die den Leser förmlich gezwungen haben, mitzudenken und eigene Schlüsse zu ziehen..

"Angstrausch" ist ein waschechter Thriller, der von der ersten Seite an ein furchtbar hohes Spannungniveau besitzt. Dieses Spannungslevel wird die gesamte Geschichte gehalten, weswegen ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Neben den aktuellen Geschehnissen bezüglich unseres Hauptcharakters gibt es auch noch verschiedene Tagebucheinträge von einer Frau, die einst versucht hat, den Mount Everest ohne Sauerstoff zu erklimmen. Ob ihr das gelungen ist, erfahren wir im Laufe der Geschichte, als beide Erzählebenen gekonnt miteinander verschmelzen.




- Simon -

Simon ist eigentlich gar kein so schlechter Kerl, trifft hier innerhalb des Buches aber das eine oder andere Mal eine falsche Entscheidung. So begleiten wir ihn gleich zu Beginn, als er mit einem wildfremden Mann, den er im Internet kennengelernt hat, in eine Höhle hinabsteigt. Er unterschätzt die Gefahren, kann aber schließlich gerettet werden. Das Video, das er dort unten schließlich aufgenommen hat, wird ein viraler Hit und auf Anraten seines Freundes Thierry stellt sich Simon nun der nächsten Herausforderung: Dem Mount Everest. Auf dem "größten Friedhof" der Welt möchte er Leichen filmen ...

Dass dies eine schwachsinnige Idee ist, wird schnell klar, denn der Mount Everest ist nicht ohne. Simon kommt schnell an seine Grenzen, nicht nur an seine körperlichen, nein, auch an seine geistigen. So muss er sich auch selbst der Frage stellen, ob das, was er hier tut, wirklich richtig ist!

Ich empfand Simon als ungemein interessanten Charakter. Auf der einen Seite wirkt er, als würde er genau das tun, was alle von ihm verlangen, ja als hätte er überhaupt keine eigenen Träume und Ziele, auf der anderen ist er zugleich ein zerbrochener Mann, der eigentlich nur aus diesem Strudel, in dem er gefangen zu sein scheint, herausbrechen will!

- Juliet -

Juliets Geschichte erfahren wir nur anhand ihres Tagebuchs, aber hier wird eine ungemein gruselige Atmosphäre geschaffen. Juliet selbst möchte die erste Frau sein, die ohne Sauerstoff und Sherpa-Ausrüstung auf den Mount Everest steigt, doch im Verlauf ihrer Einträge wird klar, dass sie sich verfolgt fühlt. Ist dies nur das Dritte-Mann-Phänomen? Also eine Halluzination? Oder wird sie wirklich verfolgt?




"Angstrausch" unterscheidet sich stark von ihren bisherigen Werken, die ja eher fern des Mainstreams anzuordnen waren und viel Spielraum für Interpretationen hinterlassen haben. In "Angstrausch" gibt es stattdessen einen ungemein spannenden Plot, der natürlich auch viel Kritik enthält. Zum einen taucht gleicht zu Beginn die Frage auf, was wir alles ins Netz stellen dürfen. Und warum solche extremen Videos, bei denen Leichen zu sehen sind oder aber jemand fast ums Leben kommt, eine solche Anziehung besitzen. Schuld sind hier definitiv nicht nur die Leute, die so etwas ins Netz stellen, sondern auch solche, die so etwas anschauen ...

Mit Simon hat die Autorin hier einen Charakter geschaffen, der zwar von dem Ruhm rund um diese Videos begeistert ist, nach und nach aber seine Zweifel bekommt, ob es tatsächlich richtig ist, so etwas ins Netz zu stellen. Auf Anraten (oder besser Drängen) seines besten Freundes will er den Mount Everest besteigen und dort oben die Leichen jener Menschen filmen, die Opfer des größten Berges der Welt wurden.

Hier greift die Autorin ein sehr aktuelles Thema auf, denn es gibt tatsächlich viel zu viele Youtuber, die für Klick- und Abonnentenzahlen alles tun. Simon wird hier eigentlich nur von seinem "besten" Freund Thierry angetrieben, der mich hier beim Lesen furchtbar wütend gemacht hat. Thierry schickt hier nämliche Simon vor, damit dieser für das "perfekte" Video sein Leben riskiert, während er selbst nur zuhause sitzt, die Videos schneidet und dann die Lorbeeren einheimst.

Eine zweite sehr kritische Betrachtung gilt dem "Tourismus" auf dem Mount Everest, mit dem ja schon viele Jahre eine Menge Geld gemacht wird. Das Buch hat mich animiert, mich in der vergangenen Woche näher mit dem Thema auseinanderzusetzen und dabei bin ich auch viele interessante, aber auch sehr schockierende Fakten gestoßen. Der Mount Everest fasziniert mich, schreckt mich hier aber gleichzeitig auch ab.

"Angstrausch" bietet hierbei viele überaus interessante Fakten, die in einen überaus fesselnden, teilweise aber auch sehr traurigen Thriller gestrickt wurden. Teilweise habe ich mich selbst so gefühlt, als würde ich gerade selbst versuchen, den Gipfel des Mount Everest zu erklimmen. Ich habe die Kälte auf meiner Haut, den fehlenden Sauerstoff, die Übelkeit und den niedrigen Luftdruck am eigenen Leibe gespürt.

Sarah Lotz hat hier wieder ein sehr intensives Buch geschrieben, ein Buch, in das ich auf der ersten Seite eingetaucht bin und erst auf der letzten wieder auftauchen durfte. Für mich ist sie mittlerweile eine meiner liebsten Schriftstellerinnen, die leider mal wieder viel zu wenig Beachtung findet. Mich hat "Angstrausch" nicht nur begeistert, es hat mich mit auf ein spannendes, gefährliches und auch sehr tragisches Abenteuer genommen, das jetzt wohl noch einige Zeit nachklingen wird.




"Angstrausch" besitzt einen ganz eigenen Sog, der den Lese förmlich dazu zwing, sich selbst dem Mount Everest zu stellen und ums Überleben zu kämpfen. Atemlose Spannung, viele kritische Betrachtungsweisen und eine gewisse Tragik machen dieses Buch für mich mal wieder zu einem echten Highlight! Etwas anderes bin ich von Sarah Lotz auch gar nicht gewöhnt!

4 Kommentare:

  1. Hallo Jessi,

    ich freue mich so, dass es dich auch gefesselt! Deine Aussage wegen des Mount Everests kann ich nur unterschreiben. Er ist faszinierend und abstoßend zugleich, ich lese daher total gern über den Berg und die Menschen, die sich alles abverlangen um an die Spitze zu gelangen. Das hat was!

    Liebe Grüße,
    Nicole

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    1. Huhu Nicole,
      Ja, das Buch war echt genial, sarah Lotz hat es einfach drauf! Danke noch mal, dass du dafür gesorgt hast, dass das Buch nicht an mir vorbei geht! 😀 echt schade, dass die Autorin noch so unbekannt ist!

      Liebe Grüße
      Jessi

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    2. Hallo Jessi,

      ja, ich finde das auch schade. Aber ihr Stil ist eindeutig nicht für jeden etwas. Man muss es mögen - und ich mag es. :)

      Liebe Grüße & schönen Sonntag,
      Nicole

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    3. Huhu Nicole :D

      Ja, da hast du recht! Besonders zu ihren anderen Büchern habe ich auch schon einige schlechte Rezensionen gelesen. Echt schade. aber so bliebt sie vielleicht echt ein Geheimtipp. Ich bin schon auf ihr nächstes Werk gespannt!

      Liebe Grüße
      Jessi

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