Dienstag, 13. November 2018

[Rezension] Becks letzter Sommer - Benedict Wells

Titel: Becks letzter Sommer
Autor:  Benedict Wells
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: September 2008
Anzahl der Seiten: 464
Cover und Inhaltsangabe © Diogenes




"Ein liebeskranker Lehrer, ein ausgeflippter Deutschafrikaner und ein musikalisches Wunderkind aus Litauen auf dem Trip ihres Lebens, von München durch Osteuropa nach Istanbul. Unter den Fittichen eines alternden Folkstars und seiner unsterblichen Songs. ›Becks letzter Sommer‹ ist Künstlerroman, Roadmovie und Odyssee durch die Anfechtungen von Genialität und Mittelmaß."




In den vergangenen Monaten sind mir immer wieder die Bücher von Benedict Wells begegnet und nun war es endlich so weit, auch ich habe mein erstes und definitiv nicht letztes Buch von ihm gelesen. Nun stelle ich mir aber tatsächlich die Frage, warum mir der Autor nicht schon früher begegnet ist!?

Benedict Wells besitzt einen sehr leichten, aber dennoch sehr tiefgründigen Schreibstil. Er schafft es, mit nur wenigen, wirklich gut gewählten Worten, sehr viele Bilder entstehen zu lassen. Gleichzeitig besitzt er einen guten Humor, aber auch sehr viele nachdenkliche und fast schon melancholische Momente.




- Robert Beck -

Im Zentrum steht Becks, der eigentlich gar nicht merkt, wie frustriert er wirklich ist. In seinem Job als Lehrer gibt es so einige Tiefpunkte, doch es gibt auch Momente, in denen der wahre "Becks" etwas durchschimmert. Er ist nämlich eigentlich gar nicht der harte und kalte Typ, den er hier oftmals mimt.

In seiner Klasse ist ein Junge, der Beck wieder Hoffnung gibt. Der Litauer Rauli ist ein wahres Naturtalent an der Gitarre und so sieht Beck seinen großen Traum von einer Musikkarriere wieder vor sich - mit Rauli als Star. Natürlich steckt hier in erster Linie Eigennutz dahinter und Becks muss im Verlauf des Romans erst einmal lernen, dass jeder Mensch selbst für die Erreichung seiner Träume verantwortlich ist, ja, dass man diese Aufgabe nicht übertragen kann ...

Die Charakterzeichnung von Robert Beck ist Benedict Wells hier unfassbar gut gelungen. Normalerweise wäre Becks hier ein Mensch, den ich total unsympathisch finden würde, aber der Autor schafft es ihn sehr menschlich, halt mit Ecken und Kanten darzustellen und genau deswegen habe ich ihn tatsächlich irgendwann in mein Herz geschlossen.

- Rauli -

Rauli, der Außenseiter der Klasse, hat bisher nur die Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Auf einmal soll er auf der Bühne stehen und die Songs von seinem Lehrer Beck spielen. Doch ist dies überhaupt das Leben, das er möchte? Wohin führen ihn die Entscheidungen, die er trifft?

- Charlie -

Ein weiterer überaus wichtiger und interessanter Charakter ist hier definitiv Charlie, Becks einziger wahrer Freund. Mit ihm beginnt hier auch das kleine Abenteuer, das nicht witziger sein könnte, aber doch (leider) sehr tragisch endet.

Charlie habe ich tatsächlich in mein Herz geschlossen, wahrscheinlich, weil er wie alle Charaktere in diesem Roman einfach sehr lebendig und vor allem alles andere als perfekt dargestellt wird!





Für mich war "Becks letzter Sommer" ein wahres Erlebnis. Auf der einen Seite empfand ich es als ungemein witziges Abenteuer, auf der anderen Seite aber auch als Buch, das eine Reise zum eigenem "Ich" ist. So gibt es sehr viele philosophische Betrachtungen, sehr viele Fragen zur Selbstfindung und vor allem auch zur Selbstverwirklichung.

Die große Frage dieses Romans ist natürlich: "Kann jemand anderes den eigenen Traum leben?" Robert Beck, unser Protagonist, ist davon überzeugt, als er den talentierten Raulie an der Gitarre spielen hört und plötzlich die Hoffnung bekommt, sein Leben doch nicht als Lehrer fristen zu müssen.

Ungemein witzig beschreibt der Autor erst einmal, wie Rauli und Beck zueinanderfinden, obwohl sie im Grunde überhaupt nicht zueinander passen. Sie verstehen einander recht wenig und schnell wird klar, dass Beck Rauli viel mehr braucht, als dieser ihn.

Natürlich gibt es auch eine kleine, aber sehr wichtige Liebesgeschichte, die noch einmal aufzeigt, wie mutlos Beck doch im Laufe der Jahre geworden ist, ja, wie wenig er an sich selbst glaubt und in seinem doch recht festgefahrenen Leben verweilt.

Ich denke, der Autor spricht hier tatsächlich viele Menschen an, die irgendwann ihre eigene Träume zu Grabe tragen und ihre Hoffnungen dann beispielsweise in die eigenen Kinder setzen. Doch warum gehen wir Menschen immer davon aus, dass es irgendwann zu spät ist, für die eigenen Träume zu kämpfen? Ja, warum geben wir sie auf und versinken in einer gewissen Trostlosigkeit, die wir dann einfach den Alltag nennen?

Mich hat "Becks letzter Sommer" in dieser Hinsicht tatsächlich ebenfalls zum Nachdenken gebracht. Es gibt auch bei mir düstere Tage, in denen ich alles für sinnlos halte, doch ich denke, es ist wichtig, an seinen Träumen festzuhalten, denn ansonsten wird man zu einem frustrierten und überaus verbitterten Menschen, der nur noch funktioniert.

Das Buch besitzt einige tolle Botschaften. So stimme ich vollkommen damit überein, dass es im Leben um die Erinnerungen geht und darum, für sich selbst die "richtigen" Entscheidungen zu treffen, ganz gleich, in welche Richtung sie auch führen mögen.

"Becks letzter Sommer" hat mich hier zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken gebracht. Das Buch besitzt durch das toll gewählte Ende einen wundervollen Nachklang. Es ist definitiv eine Geschichte, die ich nicht so schnell vergessen werde!



Mein allererstes Buch von Benedict Wells hat mich überwältigt. Ich hätte niemals mit solch einer intensiven und tiefgründigen Geschichte gerechnet, die mich zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringt und mich sogar mein eigenes Leben reflektieren lässt. Definitiv ein Highlight und nicht mein letztes Buch von Benedict Wells!


5 Kommentare:

  1. Die Begeisterung, die das Buch bei dir ausgelöst hat, ist aus fast jeder Zeile herauszulesen, liebe Jessi. Ich bin gespannt, welches Buch von ihm du als nächstes lesen wirst und ob es ähnliche Emotionen bei dir hervorrufen kann.
    Ich habe gestern Abend - dank deiner zauberhaften Rezi - mit `Deine Juliet´ begonnen und kann selbst nach 100 Seiten deine Faszination für das Buch sehr gut verstehen.
    Liebste Grüße, Hibi

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    1. Huhu Hibi :D

      Bin echt froh, Benedict Wells mal ausprobiert zu haben! Hab seine Bücher dauernd bei Instagram gesehen, aber immer für so einen typischen Hype gehalten! Zum Glück steckte hier aber mehr dahinter! :D

      Toll, dass dich "Deine Juliet" jetzt auch schon in den Bann gezogen hat! :D Ich war auch schon nach ein paar Briefen bereits schon fasziniert, ich liebe solche Briefromane eh, aber dieser wird mir echt noch lange in Erinnerung bleiben! Viel Spaß noch mit Juliet und den Inselnbewohnern! :D

      Liebe Grüße
      Jessi

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    2. Bin schon durch. Es hätte die Hütte brennen können und dennoch wäre es mir wichtiger gewesen, das Buch auszulesen.^^

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    3. Haha Hibi :D Ich verstehe dich aber total, ich hab das Buch auch förmlich inhaliert! :D Bin auf deine Rezension gespannt! :D

      Liebe Grüße
      Jessi

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  2. Liebe Jessi, ich habe die ersten Seiten von Beck gelesen und bin kurz davor das Buch wegzuschmeißen. Anscheinend kennt Beck keine anderen Adjektive als "schön" für eine Frau. Und nein, es ist nicht ok einer Frau auf der Straße aufzubauen und sich dann an ihrem Arbeitsplatz im Café breit zu machen, nur weil sie so ein schönes elfenhaftes Gesicht hat. Wtf!?! Zieht sich diese machohafte Einstellung durchs ganze Buch, oder wird Beck irgendwar klar, dass Frauen keine schönen Objekte sind, die man sich so nehmen kann? Ich bin angewidert und weiß nicht, ob ich weiterlesen kann

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