Autor: Patricia Highsmith
Genre: Krimi
Erscheinungsdatum: 1977
Anzahl der Seiten: 250
Cover und Inhaltsangabe © Diogenes
"Zwei Fremde im Zug entdecken und planen das perfekte Alibi für zwei Morde. Aus einem Moment der Unachtsamkeit heraus wird Haines zum Komplizen Brunos, der ihn auf eine schiefe Bahn mitnimmt, auf der es kein Festhalten und keine Moral mehr gibt und auch kein Entrinnen. Ein Roman über gefährlich verschwimmende Identitäten und die Unausweichlichkeit der Schuld."
Auf der Suche nach älteren Krimis, die eher meinen Geschmack treffen als diese typischen "Ermittler"-Geschichten, die gerade in diesem Genre vorherrschen, bin ich auf Patricia Highsmith gestoßen. Ihr Debütroman, der auch von Alfred Hitchcook verfilmt wurde, hat dabei mein besonderes Interesse geweckt und so wurde "Zwei Fremde im Zug" mein erstes Buch der Autorin.
Und was soll ich sagen? Mir liegen ältere Krimis einfach mehr. Im Mittelpunkt der Bücher von Patricia Highsmith steht eher das "Whydunit", also das große "Warum" hinter einem Verbrechen, das scheinbar ein Durchschnittsmensch begeht. Mir liegt dieses Konzept des Krimis eher als das bekannte "Whodunit", denn die Ermittlungsarbeit und die Tätersuche selbst interessieren mich weniger als beispielsweise die Hintergründe zur Tat.
Patricia Highsmith Debütroman ist hierbei ein sehr psychologisches Werk. Was bringt einen normalen Menschen dazu einen Mord zu begehen? Wie kommt es zur Überschreitung der Grenze zwischen Gut und Böse?
- Guy Haines -
Guy ist ein sehr netter, gebildeter und gesetzestreuer Mann, der einfach nur glücklich sein möchte. Leider ist er an die falsche Frau geraten, die ihn betrogen hat und nun auch noch ein Baby erwartet - das natürlich nicht von ihm ist.
Guy sagt zwar, dass er Miriam, seine Noch-Frau, hasst, aber schnell wird klar, dass es ihm gar nicht möglich ist, sie wirklich zu hassen. Ganz im Gegenteil, er will nur schnell die Scheidung durchbringen, damit er endlich glücklich werden kann - er hat nämlich selbst eine wundervolle Frau getroffen, die seine gesamte Zukunft darstellt.
Im Zug trifft Guy dann unglücklicherweise auf Charles Bruno. Die beiden verstricken sich in ein Gespräch, das sich leider in eine unangenehme Richtung entwickelt. Bruno will Guys Noch-Frau umbringen, dafür soll Guy Brunos Vater ermorden.
Guy hält das alles natürlich für einen Spaß. Er selbst hat nicht eine Sekunde an Mord gedacht, er will nur endlich frei und glücklich sein. die Worte Brunos hält er deswegen für einen Scherz - doch dann passiert tatsächlich ein Mord ...
- Charley Bruno -
Bruno ist sehr depressiv, in sich gekehrt und irgendwie verloren. Er ist besessen von dem Gedanken, den perfekten Mord zu begehen. Dabei treibt ihn wahrscheinlich eher der eigene Wunsch an, jemanden zu töten. In Guy, einen sehr rechtschaffenen und überaus freundlichen Typen, findet er dann endlich eine Art Rechtfertigung, muss er doch nun für seinen neuen "Freund" für Gerechtigkeit sorgen.
Bruno selbst verabscheut seinen Vater, der ihm, seiner Meinung nach, jeglicher Freiheit beraubt hat. Der Vater hat die Mutter, die Bruno abgöttisch liebt, betrogen und die Familie zerstört. Vielleicht auch ein Grund, wieso Bruno zu solch einem Menschen wurde.
Dass Bruno selbst längst wahnsinnig geworden ist, wird schnell klar, als er bereit ist, seinen Plan, den Gys in keinster Weise zugestimmt hat, in die Tat umzusetzen. Seine Abschnitte in diesem Buch waren sehr verstörend, sehr erschreckend und haben für ordentlich Spannung gesorgt. Im Gegensatz zu Guy hat er nämlich die Grenze zwischen "Gut" und "Böse" längst überschritten!
"Zwei Fremde im Zug" von Patricia Highsmith hat mich von der ersten Seite in den Bann gezogen. Wir nehmen sofort an der verhängnisvollen Zugfahrt teil, sind beim ersten Aufeinandertreffen von Bruno und Guy dabei und werden dann mit diesem sehr einseitigen Plan für den perfekten Mord konfrontiert.
Bruno sieht in Guy sofort einen Verbündeten, einen Leidgenossen und einen Freund. Er lässt nicht locker, übt enormen Druck aus und versucht, Guy zu einem Komplizen zu machen. Interessant ist hier auf jeden Fall der Charakter von Guy. Als Leser empfand ich sofort Sympathie, denn Guy ist wirklich ein guter Kerl, jemand, der niemanden etwas Böses will und einfach nur selbst sein Glück finden möchte.
Umso trauriger ist es, in was der gutherzige Guy denn hier verwickelt wird. "Zwei Fremde im Zug" passt vom Titel hier sehr gut, denn für die beiden Männer kennen sich im Grunde überhaupt nicht. Guy möchte keinen Kontakt zu Bruno, während Bruno sich ein Scheinbild von Guy erstellt. Er sieht ihn plötzlich als besten Freund, als Helfer, obwohl er im Grunde nichts, rein gar nichts, über ihn weiß. Bruno idealisiert Guy hier also, muss irgendwann aber feststellen, wie verschieden sie doch in Wahrheit sind.
Bruno meint zu Beginn des Krimis, dass JEDER Mensch böse werden und einen Mord begehen kann. Das ist sehr interessant, denn er ist es, der hier ungemein Druck auf Guy auswirkt und ihn schließlich auch, wie eine Marionette, in die gewünschte Richtung führt. Für mich war die Geschichte gerade aus psychologischer Sicht ungemein fesselnd. Kann wirklich jeder Mensch eine Straftat begehen?
Das Ende fand ich, gerade aus moralischer Sicht, ungemein passend und wichtig. Es geht um Schuld, um die Frage, nach dem Gewissen und natürlich auch um Gerechtigkeit. Kann Gleiches immer mit Gleichem vergolten werden? Ist manchmal das eigene Gewissen nicht der härteste Richter?
"Zwei Fremde im Zug" war mein erstes und definitiv nicht mein letztes Buch von Patricia Highsmith. Die Geschichte ist aus psychologischer Sicht ungemein fesselnd, verstörend und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Kann wirklich jeder Mensch böse werden?
Erscheinungsdatum: 1977
Anzahl der Seiten: 250
Cover und Inhaltsangabe © Diogenes
"Zwei Fremde im Zug entdecken und planen das perfekte Alibi für zwei Morde. Aus einem Moment der Unachtsamkeit heraus wird Haines zum Komplizen Brunos, der ihn auf eine schiefe Bahn mitnimmt, auf der es kein Festhalten und keine Moral mehr gibt und auch kein Entrinnen. Ein Roman über gefährlich verschwimmende Identitäten und die Unausweichlichkeit der Schuld."
Auf der Suche nach älteren Krimis, die eher meinen Geschmack treffen als diese typischen "Ermittler"-Geschichten, die gerade in diesem Genre vorherrschen, bin ich auf Patricia Highsmith gestoßen. Ihr Debütroman, der auch von Alfred Hitchcook verfilmt wurde, hat dabei mein besonderes Interesse geweckt und so wurde "Zwei Fremde im Zug" mein erstes Buch der Autorin.
Und was soll ich sagen? Mir liegen ältere Krimis einfach mehr. Im Mittelpunkt der Bücher von Patricia Highsmith steht eher das "Whydunit", also das große "Warum" hinter einem Verbrechen, das scheinbar ein Durchschnittsmensch begeht. Mir liegt dieses Konzept des Krimis eher als das bekannte "Whodunit", denn die Ermittlungsarbeit und die Tätersuche selbst interessieren mich weniger als beispielsweise die Hintergründe zur Tat.
Patricia Highsmith Debütroman ist hierbei ein sehr psychologisches Werk. Was bringt einen normalen Menschen dazu einen Mord zu begehen? Wie kommt es zur Überschreitung der Grenze zwischen Gut und Böse?
- Guy Haines -
Guy ist ein sehr netter, gebildeter und gesetzestreuer Mann, der einfach nur glücklich sein möchte. Leider ist er an die falsche Frau geraten, die ihn betrogen hat und nun auch noch ein Baby erwartet - das natürlich nicht von ihm ist.
Guy sagt zwar, dass er Miriam, seine Noch-Frau, hasst, aber schnell wird klar, dass es ihm gar nicht möglich ist, sie wirklich zu hassen. Ganz im Gegenteil, er will nur schnell die Scheidung durchbringen, damit er endlich glücklich werden kann - er hat nämlich selbst eine wundervolle Frau getroffen, die seine gesamte Zukunft darstellt.
Im Zug trifft Guy dann unglücklicherweise auf Charles Bruno. Die beiden verstricken sich in ein Gespräch, das sich leider in eine unangenehme Richtung entwickelt. Bruno will Guys Noch-Frau umbringen, dafür soll Guy Brunos Vater ermorden.
Guy hält das alles natürlich für einen Spaß. Er selbst hat nicht eine Sekunde an Mord gedacht, er will nur endlich frei und glücklich sein. die Worte Brunos hält er deswegen für einen Scherz - doch dann passiert tatsächlich ein Mord ...
- Charley Bruno -
Bruno ist sehr depressiv, in sich gekehrt und irgendwie verloren. Er ist besessen von dem Gedanken, den perfekten Mord zu begehen. Dabei treibt ihn wahrscheinlich eher der eigene Wunsch an, jemanden zu töten. In Guy, einen sehr rechtschaffenen und überaus freundlichen Typen, findet er dann endlich eine Art Rechtfertigung, muss er doch nun für seinen neuen "Freund" für Gerechtigkeit sorgen.
Bruno selbst verabscheut seinen Vater, der ihm, seiner Meinung nach, jeglicher Freiheit beraubt hat. Der Vater hat die Mutter, die Bruno abgöttisch liebt, betrogen und die Familie zerstört. Vielleicht auch ein Grund, wieso Bruno zu solch einem Menschen wurde.
Dass Bruno selbst längst wahnsinnig geworden ist, wird schnell klar, als er bereit ist, seinen Plan, den Gys in keinster Weise zugestimmt hat, in die Tat umzusetzen. Seine Abschnitte in diesem Buch waren sehr verstörend, sehr erschreckend und haben für ordentlich Spannung gesorgt. Im Gegensatz zu Guy hat er nämlich die Grenze zwischen "Gut" und "Böse" längst überschritten!
"Zwei Fremde im Zug" von Patricia Highsmith hat mich von der ersten Seite in den Bann gezogen. Wir nehmen sofort an der verhängnisvollen Zugfahrt teil, sind beim ersten Aufeinandertreffen von Bruno und Guy dabei und werden dann mit diesem sehr einseitigen Plan für den perfekten Mord konfrontiert.
Bruno sieht in Guy sofort einen Verbündeten, einen Leidgenossen und einen Freund. Er lässt nicht locker, übt enormen Druck aus und versucht, Guy zu einem Komplizen zu machen. Interessant ist hier auf jeden Fall der Charakter von Guy. Als Leser empfand ich sofort Sympathie, denn Guy ist wirklich ein guter Kerl, jemand, der niemanden etwas Böses will und einfach nur selbst sein Glück finden möchte.
Umso trauriger ist es, in was der gutherzige Guy denn hier verwickelt wird. "Zwei Fremde im Zug" passt vom Titel hier sehr gut, denn für die beiden Männer kennen sich im Grunde überhaupt nicht. Guy möchte keinen Kontakt zu Bruno, während Bruno sich ein Scheinbild von Guy erstellt. Er sieht ihn plötzlich als besten Freund, als Helfer, obwohl er im Grunde nichts, rein gar nichts, über ihn weiß. Bruno idealisiert Guy hier also, muss irgendwann aber feststellen, wie verschieden sie doch in Wahrheit sind.
Bruno meint zu Beginn des Krimis, dass JEDER Mensch böse werden und einen Mord begehen kann. Das ist sehr interessant, denn er ist es, der hier ungemein Druck auf Guy auswirkt und ihn schließlich auch, wie eine Marionette, in die gewünschte Richtung führt. Für mich war die Geschichte gerade aus psychologischer Sicht ungemein fesselnd. Kann wirklich jeder Mensch eine Straftat begehen?
Das Ende fand ich, gerade aus moralischer Sicht, ungemein passend und wichtig. Es geht um Schuld, um die Frage, nach dem Gewissen und natürlich auch um Gerechtigkeit. Kann Gleiches immer mit Gleichem vergolten werden? Ist manchmal das eigene Gewissen nicht der härteste Richter?
"Zwei Fremde im Zug" war mein erstes und definitiv nicht mein letztes Buch von Patricia Highsmith. Die Geschichte ist aus psychologischer Sicht ungemein fesselnd, verstörend und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Kann wirklich jeder Mensch böse werden?
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