Mittwoch, 24. November 2021

[Rezension] Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte - Rachel Joyce

 


Titel: Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte

Autor:  Rachel Joyce

Genre: Roman
Erscheinungsjahr: 2013
Anzahl der Seiten: 432
Cover und Inhalsangabe: © Fischer

Begonnen: 21.10.2021
Beendet: 25.10.2021


"Die Freunde Byron und James sind elf Jahre alt, als sich alles für immer verändert. Niemand sieht das Mädchen mit dem roten Fahrrad. Nur Byron, der mit seiner schönen Mutter im Wagen sitzt, als der Unfall im dichten Nebel geschieht. Byron weiß sofort: Er darf keinem etwas davon erzählen. Doch in nur zwei Sekunden ist die ganze Welt aus den Fugen geraten, und er braucht James an seiner Seite. Können zwei Sekunden existieren, die es vorher nicht gab? Und wird ihre perfekte Welt jemals wieder in den Takt kommen?"



Vor einiger Zeit hatte ich von Rachel Joyce bereits "Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry" gelesen und die Geschichte, die sowohl humorvoll als auch sehr ernst war, wirklich geliebt. Am Ende des Buches gab es bereits eine Leseprobe zu "Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte", die mich neugierig gemacht hatte. Nun durfte ich diese Geschichte lesen, muss aber gleich zu Beginn der Rezension gestehen, dass ich nicht damit gerechnet, dass sie mich doch emotional so sehr mitnehmen und teilweise sogar an meine Grenzen bringen würde.

Im Jahre 1972 tritt England der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bei und um die Zeit dem Takt der Erdbewegung anzupassen, sollen zwei Sekunden hinzugefügt werden. Dies versetzt den elfjährigen Byron in Angst und Schrecken. Können diese zwei Sekunden alles verändern?

Byron sitzt mit seiner Mutter im Auto, als er sieht, wie sich die Uhr rückwärts bewegt. Daraufhin gerät die Welt aus den Fugen,  denn Byrons Mom baut einen Unfall und fährt anscheinend ein Mädchen an. Sie selbst merkt es aber nicht und fährt weiter. Nun ist es Byron, der mit seinem besten Freund James einen Plan schmiedet, um seine Mutter mit der ihrer Tat zu konfrontieren und ihre Schuld wieder reinzuwaschen, doch dadurch wird alles nur noch viel schlimmer ...

Es gibt einen weiteren Handlungsstrang, bei dem der Leser erst einmal nicht weiß, wie er in das ganze Geschehen hineinpasst. Hier lernen wir Jim kennen, der als Putzkraft in einen Restaurant arbeitet, in einem Wohnwagen lebt und Zwangsstörungen hat. Er kann kaum reden und alle halten ihn für zurückgeblieben. Auch er erlebt einen Unfall, der sein Leben verändern soll. 

Die Geschichte ist sehr melancholisch und gleichzeitig sehr mysteriös. Ich mochte es, wie die Autorin alles, was geschieht, in Frage stellt. So ist lange Zeit unklar, ob das Mädchen wirklich angefahren wurde. Byron, der zu Beginn ein geregeltes und auch nahezu "perfektes" Leben geführt hat, muss erkennen, wie zerbrechlich das Glück doch ist.

Die Geschichte ist sehr bedrückend, denn sie fokussiert sich nicht nur auf die Unterschiede zwischen Arm und Reich, sondern zeigt sehr schön auf, dass wir alle einmal in eine Sackgasse geraten können. So gut wie jeder Charakter hat sein Päckchen zu tragen, besonders mitgenommen hat mich die Geschichte von Byrons Mutter, die lange Zeit versucht, ihr "perfektes", von ihrem Ehemann stark kontrolliertes, Leben aufrecht zu erhalten, dann aber bemerkt, wie viele Risse es längst aufweist. Der Unfall verändert sie und zwingt so auch ihre Kinder, alles zu überdenken, was sie bisher als "normal" angesehen haben.

Am Ende fügen sich dann beide Stränge zusammen und ergeben ein sehr trauriges Gesamtbild. Ich musste das Buch tatsächlich hin und wieder beiseitelegen, um das alles zu ertragen. Es gibt zwar einen Hauch Hoffnung am Ende, aber es passiert doch zu viel, was einfach zeigt, wie ungerecht das Leben sein kann und das wir vieles gar nicht selbst in der Hand haben ... Ein starkes Werk, für das man aber definitiv in der richtigen Stimmung sein muss!


"Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte" hat mich beim Lesen einige Male an meinen Grenzen gebracht. Es ist eine sehr schwermütige, mitunter sogar sehr traurige Geschichte, die aufzeigt, wie unberechenbar das Leben sein kann ...

Ich vergebe 5 von 5.




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